Es ist spannend, aber auch bedenklich, dass dieselben Themen in jeder Frauen/Mütter-Generation wieder auftauchen – und dabei behandelt werden, als wär’s zum ersten Mal.
Die Naturwissenschaften stehen „auf den Schultern von Riesen“. Fortschritt ist sichtbar, weil jede Forschergeneration auf den Vorarbeiten ihrer Vorgänger aufbaut und von dort ausgehend weiter forscht.
Die Frauenbewegung hat das bis jetzt nicht geschafft. Dabei sind seit Hedwig Dohm praktisch keine neuen grossen Themen dazu gekommen. Sie haben sich mit der gesellschaftlichen Veränderung weiter entwickelt, aber die Grundthemen sind seit dem 19. Jahrhundert dieselben geblieben!

Worauf lassen wir uns da ein: Wir fordern Lohn für Hausarbeit, aber wirklich LOHN, das heisst, eine Summe, die der kapitalistische Staat nicht aufbringen kann. Irgendwann im Laufe unseres Kampfes wird dann ein „Hausfrauengehalt“ eingeführt, ein lächerliches Taschengeld, so wie die bürgerlichen Parteien sich das vorstellen. Und das in absehbarer Zeit, bevor die Frauen sich so richtig radikalisiert haben. Die meisten von uns, gewöhnt daran, gar nichts zu kriegen, werden für das bisschen dankbar sein, und nicht mehr weiter aufmotzen. Und wie sieht dann unsere Situation aus?: Wir müssen sagen, das wollten wir nicht, damit sind wir nicht zufrieden, wir wollen zwar, dass die Hausarbeit bezahlt wird, aber eigentlich wollen wir uns von unserem Rollenverhalten befreien, wir wollen, dass dieHausfrau anerkannt und entlohnt wird, wie jede berufstätige Frau, aber jedes Mädchen soll einen Beruf erlernen, wir fordern die Aufhebung der geschlechtsspezifischen Erziehung, aber Hausarbeit soll als Beruf gelten. Wir manövrieren uns da in ziemlich schlimme Widersprüche hinein! Wider Sprüche, die wir auch kaum vermitteln können, mit denen wir uns unglaubwürdig machen.

Strobel, Ingrid: „Wider den Hausfrauenlohn“, 1975