Unter dem Titel „Deutschland und meine Brüste“ schreibt Fuckermothers einen offenen Brief an die „Nationale Stillkommission am Bundesinstitut für Risikobewertung“. Ein wunderbar unaufgeregter Artikel, der sich zwar was das Stillen betrifft, nicht mit meiner eigenen Erfahrung und Einstellung deckt (muss er aber auch nicht). Ich empfinde es als positiv, dass die Autorin nicht sofort in eine diesere unsäglich destruktiven Stillen-versus-nicht-stillen-Diskussionen umgeschwenkt ist. Solche überschwemmen seit dem gestrigen Titelbild der US-amerikanischen Zeitschrift „Time“, das einen stillenden Dreijährigen mit seiner Mutter zeigt, ohnehin das Internet. Brüste! Brüste, die nicht zur Belustigung unserer männlichen Mitmenschen abgebildet werden, sondern als Nahrungsquelle für unsere Kinder.

Was ich in der ganzen Debatte vermisse, ist, dass das Stillen nicht als Norm rüberkommt, sondern als „das Besondere“, das „Exotische“ und Langzeitstillen sogar als das „Abartige“ und „Abnormale“. Dabei würde ja auch niemand abstreiten, dass es der Norm entspricht, wenn ein Lämmchen Schafsmilch trinkt oder ein Kätzchen Katzenmilch, und zwar genau so lange, wie es diese Milch benötigt. Nur beim Menschen wird das in Frage gestellt.

Das hat aber nicht mit doofen Broschüren einer Hand voll alter Herren Professoren zu tun, sondern mit der Darstellung von Weiblichkeit, Mutterschaft, etc. in der Öffentlichkeit: Weibliche Brüste dürfen nicht gezeigt werden und wenn, dann ausschliesslich als allzeit für Männer verfügbare Sexualobjekte. Viel mehr Impakt als Stillkampagnen würde es haben, wenn in diesem Bereich unsere Gesellschaft wieder zur Normalität zurück finden und sich diese Normalität auch in den Medien widerspiegeln würde.

Das Stillen, wie auch die Geburt, eigentlich die gesamte menschliche Reproduktion, gehören zu den Schlüsselthemen der weiblichen Emanzipation bzw. des Gegenteils davon. Und diese Themen müssen wir uns zurückholen!  Schlussendlich geht es nicht darum, ob wir stillen oder nicht, sondern darum, dass WIR SELBER die Entscheidung dazu treffen.  Die Entscheidungshoheit über unsere Körper und die Körper unserer Kinder dürfen wir uns weder von einem aus alten Männern bestehenden Expertengremium (Experten? hat auch nur einer von denen jemals seinem Kind die Brust gegeben? na also!) , noch von einer milliardenschweren Nahrungsmittelindustrie wegnehmen lassen.

Weder den alten Männern noch den Nahrungsmittelindustriellen geht es um unser Wohl oder das Wohl unserer Kinder. Den einen geht es um Macht, den anderen um Geld.

Deshalb dreht sich die Frage einmal mehr um unsere Selbstbestimmung! Unsere Brüste gehören uns. Und ich für meinen Teil entscheide in diesem Bereich selber, in Absprache mit meinem Partner, was für mich, mein Kind und meine Familie am Besten ist!