Kurzer ist ja ziemlich lang geraten und allein schon dadurch stärker, als seine gleichaltrigen Kumpels. Und wie ein etwas zu gross geratener kleiner Bär hat er manchmal Mühe, seine Kraft einzuteilen. Wir mussten also langsam aber sicher etwas unternehmen, dass er nicht immer als der unbelehrbare Hooligan da steht, der die anderen über den Haufen wirft.

Reden nutzt bei Fünfjährigen ja bekanntermassen nicht viel. Ausserdem sind sie in dem Alter halt noch ziemlich körperlich, unsere Kinder. Viel Übermut und unendlich viel Bewegungsdrang will ausgelebt sein, aber unser Alltagsleben erlaubt es kaum mehr.

Normalerweise bin ich voll auf der Freispieler-Linie, ich finde, dass kleine Kinder – wenn sie denn schon fast drei Stunden täglich in der Vorschule festsitzen – wenigstens danach Freigang bekommen und sich frei in der Natur bewegen können sollten.

Aber, wie Kurzer selbst sagen würde: Nur.

Nur arbeite ich selbständig und mag meine Arbeit. Ich mag nicht jeden Tag draussen herumhängen und Kurzen beaufsichtigen, damit er „frei“ spielen kann. Darüber hinaus ist es natürlich nicht wirklich freies, unstrukturiertes Spielen und Ausprobieren, wenn ich ihm Gesellschaft leiste. Andere Kinder wären gefragt, ältere und gleichaltrige, die ebenfalls draussen wären.

Aber Fakt ist: Es gibt in unseren Tagen keine freilaufenden Kinderhorden im Schulalter mehr. Die Kinder haben alle Programm oder sind in der Tagesschule. Streunende Fünfjährige mag es in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gegeben haben – heute gibt es sie nicht mehr. Denn alleine lasse ich meinen auch nicht streunern.

Nur ist auch Kurzer zwei Nachmittage in der Tagesbetreuung, während Langer und ich arbeiten. An den restlichen Nachmittagen benötigt er echte, andauernde Bewegung, sonst ist er nicht zum Aushalten.

Wer mich kennt weiss, dass ich zur Sportanimateurin nicht berufen bin. Ich bin nicht nur unsportlich geworden, sondern sehr, sehr, sehr ungeduldig und, so schwer es mir fällt, das zuzugeben: Als Lehrerin einfach nicht zu gebrauchen.

So musste eine Sportart in einem Club oder einer Sportschule her, die für uns bezahlbar ist. Natürlich kann so ein Fünfjähriger noch nicht wirklich auswählen, was im Spass macht. Wir suchten jedoch etwas, wo er seinen Bewegungsdrang ausleben, sein Körpergefühl und vor allem Gleichgewichtsgefühl verbessern kann, es andere Kinder hat, es ums Teamworken geht, und wo Rowdies und Hooligans ihre diesbezügliche Seite sportlich und nach klaren Regeln ausleben können.

So landeten wir am Ende bei Rugby und Eishockey als mögliche Alternativen. Fussball schlossen wir aus, weil ich dabei nach einem einzigen Trainig so gelangweilt wäre, dass ich tot umfiele. Mit Rugby und Eishockey kann ich leben, dort mag ich auch zwei Trainings die Woche durchstehen. Oder durchsitzen.

In den Herbstferien nutzten wir dann die Gelegenheit für einen sehr günstigen Schnupperkurs auf dem Eis, der vom Schulsportdienst des Kantons angeboten wurde. Kurzer hat es zwar noch nicht zum Gretzky gebracht, dafür aber sehr viel Vergnügen, und wünscht sich, weiter zu machen.

Dann sei es so. Dann gehört Kurzer in Zukunft halt auch zu den Kindern, deren Tage schon weit im Voraus verplant sind. Ich bin damit nicht ganz glücklich, aber die Alternative (alleine drinnen rumhängen, ab und an ein Spielrendezvous, alleine vor dem Haus einen Ball an eine Wand kicken) gefallen mir nicht wirklich besser.

Mal sehen, wie es ihm gefallen wird.

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