Vor ein paar Wochen fing in mit den Recherchen zum Thema „Burnout bei Müttern“ an. Ein Viertel aller Mütter in Deutschland soll davon betroffen sein.

Auf den ersten Blick kann man es kaum glauben, denkt man doch, dass gerade Hausfrauen ihre Zeit frei einteilen und ab und zu eine Pause einlegen können. Aber beim näheren Hinschauen wird einem schnell klar, dass das nicht der gelebten Wirklichkeit entspricht:

In kaum einem anderen Job ist man so fremdbestimmt, wie als betreuendes Elternteil von kleinen Kindern. Die Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder haben immer vorrang und zwar noch vor den elementarsten Bedürfnissen der Mutter, wie beispielsweise Schlafen. Ein hungriges Baby zu füttern kann man mal fünf Minuten hinauszögern – aber nicht stundenlang, während man daneben tief schläft. Auch einen gelangweilten Dreijährigen abzuwimmeln ist ein Ding der Unmöglichkeit, ohne gleich richtig rabiat zu werden.

Auch wenn zwischendurch Pausen oder entspannende Tätigkeiten möglich sind: Am Ende sind es immer die Kinder, der Mann, andere Menschen, die die Prioritäten setzen und bestimmen, worauf sich die Aufmerksamkeit der Mutter jetzt gerade zu richten hat. Die Bereitschaft besteht rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

Das alles gilt genau so für erwerbstätige Mütter. Dort hat sich der Wahrnehmungsfokus in den letzten Jahren zwar verändert. Man liest und hört weniger über die Anstrengungen der Doppelbelastung, dafür umso mehr von den Segnungen einer ausgeglichenen Work-Life-Balance.
Nur: Die Verantwortlichkeiten haben sich dadurch nicht verändert und auch erwerbstätige Mütter müssen die Bedürfnisse der Kinder über den Rest stellen. Einfach, weil man sich nicht nicht darum kümmern kann.
Auch wenn sie nicht selbst zum kranken Kind läuft: Die Mutter organisiert und delegiert, bis jemand gefunden ist, der dies übernehmen kann. Denn es gibt Aufgaben, die können nicht einfach ignoriert, nicht einfach nicht getan werden.
Obwohl es heute viele Doppelverdiener-Familien gibt, in denen sich die beiden Partner (sofern vorhanden) die Aufgaben teilen, bleibt die Hautverantwortung meistens an den Müttern hängen: Daran denken, was es alles zu tun gibt, Kinderarzttermine, Mittagstischanmeldung, Sportartikelbörse, Winterkleider rechtzeitig einkaufen, Schuhe sind schon wieder zu klein,…. organisieren, delegieren, kontrollieren. Die Väter, die im Care-Bereich Führungsaufgaben übernehmen, sind auch heute noch selten.

Die Fremdbestimmtheit, aber auch die 24/24-Verantwortlichkeit und ständige Bereitschaft sind Faktoren, die zur Stressanfälligkeit der Tätigkeit des Kinder betreuenden Elternteils beitragen.
Stress ist hier nicht im umgangssprachlichen Sinne zu verstehen, wo es oft als Synonym zu „viel Arbeit“ und „knappe Termine“ benutzt wird. Im medizinischen Sinne ist Stress eine messbare, körperliche, biochemische Reaktion auf eine bestimmte Situation. Hält der Stress an und können die beteiligten Hormone längere Zeit nicht abgebaut werden, führt dies auf Dauer zu körperlichen und psychischen Symptomen wie hoher Nervosität, Schaflosigkeit und Erschöpfung bis hin zur Depression.

Neben den zwei Genannten gibt es natürlich noch zahlreiche andere Faktoren – individuelle, in der aktuellen Situation bedingte und umweltbedingte – die eine Mutter anfällig für chronischen Stress oder aber resilient machen, d.h. ihr die Fähigkeiten vermitteln, um Krisen und Probleme aufzulösen, bevor sie sich chronifizieren. Über Stressoren, Multiplikatoren und die verschiedenen Ressourcen, mit deren Hilfe man potenziell stressenden Umständen begegnen kann, werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch etwas schreiben.

Die gesellschaftlichen Folgekosten gehen in die Millionen und trotzdem wird Stress und Burnout bei kinderbetreuenden Elternteilen bisher als individuelles Problem und nicht als gesellschaftlich relevantes Thema wahrgenommen.

Wie kann es sein, dass so viele Mütter ausbrennen und was können sie selber, ihre Familien, ihre unmittelbare Umgebung, aber auch Gesellschaft und Politik unternehmen, damit es nicht so weit kommt und wie kann ihnen geholfen werden, um aus dieser zerstörerischen Spirale von Erschöpfung und noch mehr Anstrengung, um sie wieder wettzumachen, wieder herauszukommen?

Diesen Fragen möchte in einer lockeren Artikelserie im Laufe der nächsten Wochen nachgehen. Den Anfang macht am Montag der Gastbeitrag von Nadine P., der berufstätigen Mutter von zwei Kindern, die nach einem völligen Zusammenbruch ihr Leben neu organisieren musste: Von Rosarot nach Tiefschwarz.

Wenn Du selber etwas zu diesem Thema beitragen oder einen Gastbeitrag veröffentlichen möchtest, wende Dich bitte per Mail an mich. Meine Koordinaten sind hier zu finden. Selbstverständlich behandle ich Berichte mit der nötigen Diskretion und veröffentliche sie auf Wunsch anonymisiert.

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Weitere Beiträge in dieser Reihe: