Es ist schon über einen Monat her, dass mir Percanta das Jahr 1996 zugeteilt hat, um etwas darüber zu schreiben.

Die Stichworte sind immer die gleichen, nur die Antworten ändern sich. Was ich bisher über diesen Staffellauf gelesen habe, dünkt mich arg neuzeitlich, ich würde deshalb gerne ein Achziger-Jahre Special veranstalten. Wer das Jahrzehnt von Flashdance, Steghosen, Schulterpatten und Top Gun noch persönlich erinnern kann, möge sich in den Kommentaren melden und Kurzer teilt ihr oder ihm ein Jahr aus diesem grandiosen Jahrzehnt zu.

Alter: Sanfte 25 Jahre. Die ich nicht mehr zurückhaben möchte. Nur damit das auch gesagt ist.

Wohnort: Im Bezirkshauptort des Val-de-Ruz, etwa in der Mitte zwischen den Städten Neuchâtel und La Chaux-de-Fonds. Ja, das gibt es und ja, dort leben tatsächlich Menschen und nicht nur Füchse und Hasen.
Wieso überhaupt jemand auf die Idee kommt, dorthin zu ziehen? Muss ich mehr sagen als: 4.5 Zimmer, 120 Quadratmeter, Keller, Estrich, Garten, Parkplatz, 680.– warm?
Ausserdem ist es sehr schön dort! Heute hat sich ja einiges geändert, aber damals hatte man dort echt die Vorteile von Stadt und Land gleichzeitig. Voll auf dem Land, so richtig mit Kühen und so, aber alle Infrastrukturen vor Ort. Nur am ÖV haperte es noch heute.

Aufenthaltsort: Universität Neuchâtel. Sofa. Amt für Bundesbauten in Bern. Stadttheater Bern. Zug zwischen Les Hauts-Geneveys und Bern.

Beziehung: Da muss ich Euch enttäuschen, da waren meine wilden Jahre schon längst vorbei. Die Sache zwischen Langem und mir scheint länger zu gehen als ursprünglich geplant war. Ich könnte nicht mal guten Gewissens schreiben, dass es kompliziert gewesen sei. Ist es nicht. Wenns passt ist es ganz einfach.

Beruf: In dem Jahr war ich mit dem Studium fertig. Im Frühjahr gab ich mein Memorandum fürs Staatsexamen in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ab und bestand dieses überraschenderweise sogar. Als professionelle Prokrastinöse hatte ich glaubs schliesslich die paar hundert Seiten in zwei Wochen in die Maschine gehackt – natürlich nachdem ich monatelang damit schwanger gegangen war respektive Inspiration in diversen Neuenburger Altstadtkneipen gesucht und beim Kartenspiel gefunden hatte. Das Thema war aber ein anderes.
Danach war ich dann, wie es sich für eine Sozialwissenschaftlerin gehörte, arbeitslos. Das RAV fand dann, ich müsse erst mal arbeiten lernen meine Qualifikationen verbessern und schickte mich in diverse Beschäftigungsmassnahmen Praktika. Beispielsweise im Stadttheater Bern, wo ich lernte, Einsatzpläne auszudrucken, mit der Schere auszuschneiden und an diverse Pinnwände zu pinnen. Oh ja, und die interne Post durfte ich auch verteilen. Immerhin, der Einblick in die Welt des Theaters und der Oper war wirklich spannend.
Um den Fängen der RAV zu entkommen meldete ich mich dann lieber bei einer Zeitarbeitsfirma an und arbeitete den ganzen Winter über in einem Bundesamt, das es heute nicht mehr gibt. Es war ein tolles Team und eine tolle Zeit!

Musik: Polo Hofer, das Urgestein des Schweizerdeutschen Rockmusik, sagte mal: „Die Musik der Neunziger Jahre ist wie ein Schnupfen. Unangenehm, aber geht vorbei.“ Musikalisch bin ich ja immer noch in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrtausends hängen geblieben, da kann ich nix dagegen, das sind und bleiben die geilsten Jahrzehnte für Menschen wie mich, die sich gerne metallischen Gitarrenklängen hingeben.
Ein Blick in die Jahreshitparade von 1996 zeigt aber, dass es doch nicht ganz so schlimm gewesen sein kann, wie es im Rückblick aussieht. Ok, da war dieses Macarena. Meine 120-Kilo-Nachbarin aus dem oberen Stockwerk liebte das Lied und spielte es manchmal stundenlang rauf und runter. Und tanzte dazu.
Aber sonst so? Lemon Tree von Fools Garden mach ich noch heute. Killing me softly der Fugees ist auch ganz nett. Wer erinnert sich noch an Ich find‘ dich Scheisse von Tic Tac Toe? Da konnte man so schön mitgrölen. Bei Zehn Kleine Jägermeister der Hosen erst recht. Aber sonst? Nur akustisches Gepiesel, das einem die Ohren zukleisterte. Echt jetzt. Die Neunziger waren musikalisch ganz schlimm.

Haare: Muss ich überlegen. Ich glaube, da war ich von Dunkellila und Purpur wieder bei Wasserstoffblond angelangt gewesen. Raspelkurz natürlich.

Sport: Ich musste 1993 wegen einer chronischen Schulterverletzung den Volleyball, den ich hochleistungsmässig durch die Gegend geprellt hatte, an den Nagel hängen und habe seither nie mehr aus Bewegungsgründen transpiriert.

Urlaub: 1996 hatten wir gefühlt endlos Kohle und kauften uns im Frühjahr einen Landrover. Der Mann fuhr damit zweimal nach Grossbritannien und im September, als ich an den mündlichen Abschlussprüfungen vor lauter Nervosität an Montezumas Rache litt und beschloss, das Klo nicht mehr zu verlassen, bis alles vorbei wäre und scheiss aufs Examen, fuhr er in 20 Stunden in einem Rutsch von Salisbury nach Neuchâtel, um mir einen Arschtritt zu verpassen und mir die Hand zu halten. So einer ist mein Grosser!

Ich selber fuhr in dem Jahr nirgendwo hin.