Wut ist ein Thema, das unsere Familie nun schon ein paar Jahre begleitet. Wut – wo sie herkommt, was sie anrichtet, wie man sie kontrollieren kann. Wie wütend kleine Jungs werden können, und wieso. Wie lehrt man sie, ihre Wut nicht herunterzuschlucken, aber doch zu beherrschen? Wohin mit unserer eigenen Wut, wenn sie hochkommt und innert Sekunden unsere schönsten Erziehungskonzepte mit dem Hackebeil zerhackstückselt?

Mit seinen Wutanfällen, die insbesondere zwischen 4 und 6 Jahren sehr ausgeprägt waren, hat mein Sohn bei mir irgend etwas getriggert. In den letzten mehr als 40 Jahren habe ich mich immer als gelassene Person betrachtet, die sich von anderen Leuten nicht aus dem Tritt bringen lässt. Aber der Kurze! Der hat nicht nur die Löwin hervorgebracht, die ihn gegen jede Vernunft verteidigt und für ihn kämpft, sondern auch die Wölfin, die an manchen Tagen alle anknurrt, die ihr in die Quere kommen. Und nachdem ich mich nun schon länger mit dem Thema befasse kann ich auch sagen: Der kleine Kerl hat es fertig gebracht, mein inneres Kind zu wecken, das sich seither in den blödsten Momenten einmischt.

Nachdem der Panzer herunter war, musste ich erst mal lernen, mit meiner neuen Emotionalität umzugehen. Diesmal wollte ich es aber besser machen und nicht einfach eine neue Mauer um mich herum hochziehen. Vor allem möchte ich nicht, dass Kurzer solch destruktives Verhalten von mir übernimmt. Selbstbeherrschung ist gut und recht, aber doch bitte nicht bis zu dem Punkt, an dem sie in Selbstverleugnung übergeht und anfängt, die Gesundheit anzugreifen.

Wie dem auch sei: Nichts lässt mir den Senf schneller in die Nase steigen, als die Wutanfälle des Kurzen – und nichts ist weniger geeignet als ein eigener Wutanfall, um ihn wieder runterzuholen. Und wenn dann der Lange auch noch reinbrüllt, wird es richtig lustig. Zum Glück ist niemand von uns nachtragend, kann ich dazu nur sagen! Trotzdem war es natürlich nötig, dass ich meine eigene Mitte wieder fand und wie immer halfen mir dabei zahlreiche Ratgeber und andere literarischen Werke. In Bezug auf die Wutanfälle des Kurzen half ihm die psychomotorische Therapie (obwohl er aus anderem Grund dort war), weil er dort lernte, erst mal durchzuatmen und auch mal loszulassen. Verschiedene Entspannungstechniken helfen ihm, wenn er den Stress oder die Wut hochsteigen spürt.

Dann gibt es natürlich auch die Situationen, in denen Wut die absolut angebrachte Emotion ist: Ungerechtigkeiten, Grobheiten und Fiesheiten. Aber wie bringt man einem Vorschulkind bei, seine Wut konstruktiv einzusetzen um eine Situation zu entschärfen oder einer anderen Person klarzumachen, dass sie eine Grenze überschritten hat? Hierzu habe ich noch keine abschliessenden Antworten. Seine Wut zu beherrschen und konstruktiv umzulenken ist etwas, was auch viele Erwachsene nicht beherrschen (vielleicht nie beherrschen werden) und es erfordert lebenslanges Lernen, um die dazu nötige Reife zu entwickeln.

In dieser lockeren Schwerpunktreihe zum Thema „Wenn die Wut kommt“ möchte ich auf diese verschiedenen Aspekte des Themas näher eingehen, aber auch über Bücher für Erwachsene und Kinder berichten, die uns geholfen haben.

Ich würde mich auch sehr freuen, wenn ein paar von Euch etwas zum Thema beitragen möchten (unter vollem Namen und mit Verlinkung oder, wenn gewünscht, auch anonymisiert). Wenn es Dich anspricht, melde Dich bitte ohne zu zögern per Mail bei mir: blog@buchstabensalat.ch