Offenbar gibt es zu diesem Tweet Erklärungsbedarf.

Also erstens: Es geht ihm gut, Kurzer hat nur ein paar blaue Flecken und Schürfungen, ist aber sonst nicht weiter beschädigt. Obwohl, im ersten Moment dachten wir ja, der Arm sei gebrochen. Was sich dann aber zum Glück nicht bewahrheitet hat. Und die Tatsache, dass man bei unserer lauwarmen pädiatrischen „Hot“line sakramostnocheins eine geschlagene halbe Stunde in der Warteschleife hängt, hat schliesslich dazu geführt, dass das Schmerzmedikament anschlug, bevor wir in die Notaufnahme fahren wollten, so dass wir am Ende gar nicht mehr losfahren mussten.

Anyway, die Kritik galt nicht der Notaufnahme, sondern meiner „kaltherzigen“ und „distanzierten“ Reaktion als Mutter.

Ja, ich war sauer auf ihn. Weil ich ihm verboten hatte, bei Dämmerung und Glatteis das Kickboard zu nehmen. Weil er bei der Turnhalle nichts zu suchen hatte. Weil er schon eine halbe Stunde überfällig war. Und überhaupt.

Aber natürlich verfliegt die Wut, wenn das eigene Kind verletzt ist.

Grundsätzlich ist es aber doch so: Irgendwann, ungefähr nach einem Beinbruch, einem Armbruch und einem angeknacksten Rückenwirbel plus unzähligen Besuchen in der Notaufnahme, ist man als Mutter ein Bisschen abgehärtet und muss nicht mehr bei jedem Anruf gleich in eine Tüte atmen.

Und nachdem ich meinen Sohn als Baby fast an den plötzlichen Kindstod verloren hätte, checke ich immer als erstes, ob er brüllt. Ernsthaft.

Wer brüllt, atmet. Wer atmet, ist am Leben.

Das ist das Wichtigste. Ein brüllendes Kind lebt – und überlebt. Würde er nicht (mehr) brüllen, dann würde ich mir richtig grosse Sorgen machen.

Ich ging dann den Kurzen bei der Turnhalle abholen, brachte ihn erst mal heim, bat die Nachbarin um ihre Taxidienste – sie empfahl mir die obligatorischen Arnika-Kügelchen und war entsetzt, dass ich ihm gleich die volle Dosis Schmerzmedikamente gegeben hatte – und rief die besagte Notfallhotlinetelefonnummer an, wo ich wohl heute noch in der Warteschleifen hängen würde, hätte sich der Kurze nicht schon vorgestern abend wieder vor seinem Schrecken und Schmerzen erholt gehabt.

Und jetzt trägt er stolz seine neue „Tätowierung“ spazieren. So kann’s gehen.

ein Ellbogen mit einer Prellung, die in allen Farben schimmert
Die „Tätowierung“ des Kurzen: Mehr Angst als Schmerzen. (Bild: K. Bleuer)