Ich gebe es zu: Allein schlafe ich weder gerne noch gut ein. Viel besser ist es doch, mich an den Rücken meines Partners zu kuscheln oder von ihm bekuschelt zu werden und so geborgen dann langsam ins dunkle Land des Schlafes hinüberzugleiten.

Das Privileg, das ich für mich selbst beanspruche, gewähre ich diskussionslos auch meinem Mann und meinem Kind.

Umso überraschter war ich, als vom ersten Tag meines Sohnes an nur eine Frage wichtig schien:

„Kann er schon alleine einschlafen?“

Erst mal verstand ich überhaupt nichts. Da war also dieses kleine Baby, das seine eigene Geburt nur um ein Haar überlebt hatte, immer noch auf der Säuglings-Intensivstation lag und eine Atemhilfe trug. Und die Wichtigste aller Fragen schien die nach dem alleinigen Einschlafen. Ich wusste ihn wohl behütet von Krankenschwestern, die ihn wirklich gern hatten, trotzdem zerriss es mir fast das Herz, wenn ich ihn Abends dort lassen musste, so winzig und alleine in dieser Plastikschachtel, die sich Babybettchen nennt.

Ja, er konnte alleine einschlafen – schliesslich hatte er keine Wahl!

Als er endlich aus dem Spital entlassen wurde, stellten wir Eltern uns diese Frage gar nicht. Selbstverständlich schlief unser Sohn nicht alleine ein. Nach den Wochen im Kinderkrankenhaus hatte ich das Bedürfnis, mein Baby in der Nähe zu haben. Das Gefühl war, wie der Hunger nach Schokolade, der einem überfällt, nachdem man mit Rauchen aufgehört hat. Mit dem Baby in Kontakt war richtig, ohne fühlte sich falsch an. Also befand sich der Kleine jederzeit im selben Raum wie sein Papa und ich, auf dem Sofa liegend, bei einem von uns im Tragetuch oder auf dem Arm. In der Nacht schlief er im Stubenwagen bei uns im Schlafzimmer.

Kurz darauf musste er wegen seinem ALTE und den anhaltenden Atemproblemen erneut ins Krankenhaus. Und wieder musste er alleine schlafen – diesmal jedoch nicht mehr alleine einschlafen. Jeden Abend, bevor wir nachhause fuhren, trugen und wiegten wir ihn in den Schlaf und verliessen sein Bettchen erst, wenn er tief und fest schlummerte.

Am Neujahr verliessen wir das Krankenhaus mit Kind, aber ohne Atem- oder sonstigem Monitor. Wir wollten keine technischen Geräte im Schlafzimmer.

Der Papa des Kurzen hatte das Kinderbettchen so umgebaut, dass es den medizinischen Bedürfnissen des Babys entsprach, und es neben dem Kopfteil meines eigenen Bettes aufgebaut. Die ersten paar Nächte lag ich wach und hörte meinem winzigen Sohn zu, wie er atmete – mal tief und langsam, mal schnell und aufgeregt, dann wieder pfeifend und schliesslich so still und leise, dass ich die Hand auf seine Brust legen musste, um zu fühlen, wie sie sich hob und senkte.

Auch nachdem die schlimmste Angst verflogen war, er könne erneut zu atmen aufhören, schlief der Kurze weiter in seinem kleinen Bettchen neben unserem grossen Bett. Abends, wenn ich noch etwas Zeit für mich benötigte, gingen Vater und Sohn schon mal voraus ins Schlafzimmer und der Sohn schlief zufrieden auf seines Vaters Brust ein. Wenn ich dann eine Stunde später ebenfalls ins Bett ging, legte ich den Kleinen in sein Bettchen und kuschelte mich zwischen die beiden. So konnte ich die beiden wertvollsten Menschen in meinem Leben berühren und schlief geborgen ein.

Die seltenen Male, wo der Kleine in der Nacht weinend aufwachte, musste er nicht lange warten – wir waren ja schon da, konnten uns umdrehen, das Problem meist im Halbschlaf beheben und weiter schlafen.

„Und“, werden Sie sich nach diesem ausschweifenden Text fragen, „kann er denn jetzt alleine einschlafen?“

Und ich frage zurück: „Wieso soll er das müssen?“

Als Eltern geniessen auch wir das abendliche In-den-Schlaf-Begleiten, die Gutenachtrituale, und das langsam Herunterfahren im abgedunkelten Raum. Das Vertrauen, das einem ein Kind schenkt, das in unseren Armen einschläft, ist durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Wir wissen heute, was gut für unseren Sohn und unsere Familie ist und wir vertrauen und folgen unserem Bauchgefühl, das doch in Wahrheit nichts anderes ist, als unsere natürlichen, tierischen Instinkte. Durch all die medizinischen Unbillen hindurch, die unser kleiner Sohn bereits erleben musste, haben sie uns begleitet und richtig beraten und wir haben gelernt, auf sie zu hören.

Gerade beim Thema „Schlafen“ jedoch ist der Druck auf die Eltern von allen Seiten her ständig präsent und führt dazu, dass weniger starrköpfige Eltern ihre Kinder durch brutale „Schlafprogramme“ zwingen, die für beide Seiten äusserst traumatisch sein können.

Unser Weg mag nicht für alle der Richtige sein. Er fühlt sich aber so richtig an, so natürlich, so selbstverständlich, dass ich wir manchmal auch ein kleines Bisschen ins Missionieren geraten…

Jede Familie muss ihren eigenen Weg finden. Als wichtig erachte ich dabei, dass es tatsächlich ihr eigener Weg ist und nicht der von Aussenstehenden, Freunden, Bekannten, Āžrzten, Hebammen,… Der eigene, richtige Einschlaf-Weg jeder Familie erkennt man daran, dass die Kinder ohne Angst und Weinen einschlafen dürfen und dass die Eltern Abends noch Zeit für sich als Paar – und auch noch etwas Feierabend haben.

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So ging es bei uns weiter: Den kriegst Du nie mehr aus dem Bett!

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Es ist normal, dass Babys nicht durchschlafen. Auch andere Eltern berichten darüber:

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