Arbeiten müsste ich, in chronischer Ermangelung von Aufträgen umso mehr. An der Firma werkeln, Webseite verbessern, Mailings aufsetzen, Aquiseanrufe führen. Mein Magen zieht sich zusammen, „es bringt eh alles nichts“, flüstert mir die Angst ins Ohr.

Der Kurze hat schulfrei, das mit dem Arbeitensollenwollen ist somit eh nur in der Theorie eine gute Idee. Ausserdem scheint die Sonne und Kurzens bester Kumpel ist bei seinen Grosseltern. Also bleibe ich als einzige Spielgefährtin. Eine Stunde Pokémon-Filmchen schauen im Internet, so viel Mittagsschläfchen braucht ich alte Mutter einfach, um mit dem Sohn mithalten zu dürfen.

Ausblick von Les Loges, La Vue-des-Alpes

Ausblick von Les Loges, La Vue-des-Alpes

Es wird nach drei, bis wir endlich bewaffnet mit Schlitten und Bob aus dem Haus sind. Kurzer wollte unbedingt die Ski mitnehmen, da war ich aber dagegen, denn ich habe nun wirklich keine Lust, den Skilift zu spielen.

Gleich unterhalb der Vue-des-Alpes, wo noch letztes Jahr der nun stillgelegte Skilift fuhr, liegt ein langer Schlittelhang und dort zieht es uns hin. „Halt den Mund“ rufe ich dem kleinen Stimmchen in meinem Kopf zu, das mir „aber du musst doch arbeiten, du musst doch Geld verdienen, wie kannst du nur deine Zeit so verschwenden“ ins Ohr flüstert.

Ich bin entschlossen, mich zu amüsieren. Das bin ich mir gar nicht mehr gewohnt und bei der ersten Abfahrt traue ich mich kaum, so richtig schnell loszusausen. Was da alles passieren könnte! Zum Glück kennt Kurzer meine Āžngste nicht und steuert jubelnd jede Bodenwelle an. Nach dem ersten Aufstieg bin ich schon aus der Puste und setze mich zum Ausruhen auf den Schlitten. Kurzer fährt noch ein paar Mal, dann bin ich wieder dran.

Zwischen zwei Fahrten strecke ich die Nase in die Sonne und erlaube mir ein paar Nanosekunden lang, einfach zu geniessen: Den Schnee, den Blick auf die glühenden Alpen, die wärmende Sonne und mein jubelndes Kind.