Ihr seht, ich bin wirklich viel beschäftigt. Lesen tu ich viel, aber ich komme kaum dazu, die Bücher für euch schnell zu besprechen. Und bis ich dazu komme, habe ich alles schon wieder vergessen und darf sie ein zweites Mal lesen. Hier also ein paar von denen, die ich im letzten Jahr von September bis November gelesen habe (der Rest folgt dann nach und nach auf diesem Kanal).

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„Britt-Marie war hier“ von Fredrick Backman

Im August hat mich Backmans „Oma lässt grüssen und sagt, es tut ihr leid“ so begeistert, dass ich gleich sein nächstes Buch nachschieben musste. Die Protagonistin, Britt-Marie, kennen wir schon aus „Oma lässt grüssen“. Sie ist eine besserwisserische, passiv-aggressive Frau um die Sechzig, die sich – natürlich mit viel Wohlwollen! – ständig in Dinge einmischt, die sie nichts angehen. Sie hat einen Putzfimmel, eine beschränkte (um nicht zu sagen: bornierte) Sicht auf die Welt und ihre Mitmenschen. Als Britt-Maries Mann beim Liebesspiel mit einer anderen einen Herzinfarkt bekommt, verlässt sie ihn und nimmt im abgelegenen Dorf Borg eine Stelle als Verwalterin des dortigen Jugendzentrums an. Borg ist ein verarmtes Städtchen ohne Arbeit, ohne Geschäfte und ohne Zukunft. Die Eltern der Jugendlichen sind arbeitslos, tot oder einfach weg und die Kinder interessieren sich nur für Fussball, ein Thema, das Britt-Marie mit ihrem Verflossenen verbindet und von dem sie deshalb nichts wissen will. Widerwillig, stur und prinzipientreu fängt Britt-Marie an, die Kinder und Jugendlichen zu bemuttern, wird gegen ihren Willen ihre Trainerin und erkämpft sich langsam aber sicher den Respekt der Einwohnerinnen und Einwohner von Borg.
„Britt-Marie war hier“ ist ein Roman über eine unsympathische Sechzigjährige, die einem im Laufe der Geschichte richtig ans Herz wächst. Natürlich kann sie nicht aus ihrer Haut und natürlich wünscht man sich niemand wie sie als Schwiegermutter. Aber Backman bringt es fertig, bei der Leserschaft Verständnis für sie zu wecken, man erfährt etwas über ihr Leben, ihre Liebe zu zwei Brüdern, ihre traurige Ehe und den Grund, weshalb sie keine Kinder bekommen hat. Obwohl sie es nicht zugeben würde – was würden auch die Leute denken? – möchte Britt-Marie gesehen und anerkannt werden, sie wünscht sich aus tiefstem Herzen, dass sie für die Menschen um sie herum wichtig ist und dass es für diese einen Unterschied macht, ob sie hier gewesen ist oder nicht. Deshalb ist „Britt-Marie war hier“ nicht nur ein Buchtitel, sondern auch ein Versprechen an die Protagonistin, dass diese drei Wochen, die sie dort lebt, für die Kinder und Menschen von Borg sehr wohl einen Unterschied machen.
Backman hat die wundervolle Gabe, sich auch in Menschen hineinzuversetzen und ihre guten Seiten zu finden. Das tut er mit klaren Worten und einfachen Sätzen, denn manchmal muss man gar nicht so viel reden, um zu sagen, was wichtig ist.
Ich habe mich beim Lesen genervt, den Kopf geschüttelt, Daumen gedrückt, mitgefühlt und am Ende habe ich auch noch ganz viel geheult.

“Britt-Marie war hier“
Fredrick Backman, übersetzt von Stefanie Werner
Fischer Krüger Verlag, 2016
Gebundene Ausgabe, 384 Seiten
ISBN: 978-3810524119
auch als Taschenbuch, eBuch und Hörbuch erhältlich

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„Die Spuren meiner Mutter“ von Jodi Picoult

Auch von Jodi Picoult habe ich erst vor Kurzem geschwärmt, als ich „Bis ans Ende der Geschichte“ von ihr gelesen hatte. In ihrem neuesten Buch geht es um die Frage, aus welchem Grund eine Mutter einfach verschwindet und ihre dreijährige Tochter zurücklässt.
Jenna ist dreizehn Jahre alt und wächst bei ihrer Grossmutter auf, nachdem ihre Mutter, die Elefantenforscherin Alice, nach einem tragischen Unfall verschwunden und nie wieder aufgetaucht ist. Jenna will nicht glauben, dass Alice tot ist und macht sich auf die Suche nach ihr. In der Hoffnung, Antworten zu finden, wendet sie sich an das Medium Serenity Jones und den ehemaligen Polizeibeamten Virgil Stanhope und die drei machen sich auf die Suche.
„Die Spuren meiner Mutter“ wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt: Aus der Sicht der altklugen Jenna, des Mediums Serenity Jones, das seine übersinnliche Gabe verloren zu haben glaubt, und des desillusionierten Alkoholikers Virgil Stanhope, für den der „Fall Alice Metcalf“ sein persönliches Waterloo darstellt. Zwischen den Handlungsblöcken lesen wir auch immer wieder in Alices Tagebuch, die vor ihrem Verschwinden das Verhalten von trauernden Elefanten erforscht hat.
Eigentlich wollte ich ganz viel schreiben darüber, wie geschickt Picoult die verschiedenen Lebensgeschichten verwebt, wie sie ihr Wissen über das Verhalten von Elefanten in der Wildnis und in der Gefangenschaft einfliessen lässt und wie unerwartet der Twist am Ende kommt. Ich wollte Euch erzählen, dass das Buch so spannend ist, dass ich es in einem Tag (und einer Nacht) verschlungen habe und jetzt ein zweites Mal lese, um es dieses Mal in allen Details (und mit dem Wissen, was damals wirklich mit Alice geschehen ist) nochmal langsam zu geniessen. Und ich wollte Euch berichten, dass „Die Spuren meiner Mutter“ vom Plotting und vom erzählerischen Handwerk her zur Oberliga gehört. Hohe Schule des Erzählens!
Aber das alles lasse ich weg, nur um zu sagen: Geht hin, besorgt es euch und lest es!

„Die Spuren meiner Mutter“ (im Original „Leaving Time“)
Jodi Picoult, übersetzt von Elfriede Peschel
C. Bertelsmann Verlag, München, 2016
Gebundene Ausgabe, 511 Seiten
ISBN: 978-3-570-10236-7
Erschienen als Hardcover, Taschenbuch, eBuch und Hörbuch. Der Affiliate-Link führt zum Taschenbuch.

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 „Tausche Dirndl gegen Sari“ von Franziska Schönenberger und Stefanie Ramb

Franziskas Faszination für Indien fängt schon in der Kindheit an und begleitet sie ihr ganzes Leben. Bei Recherchen im Internet lernt sie den indischen Designstudenten Jayakrishnan kennen. Durch zahlreiche Mails, später auch Telefonate, werden Jay und Franziska Freunde. Als Franziska nach Mumbai fliegt, um eine Freundin zu besuchen, trifft sie auch Jay zum ersten Mal im richtigen Leben und prompt verlieben sich die beiden. Was folgt ist ein langes, buntes, kompliziertes Hin und Her zwischen Indien und Deutschland. Denn Jays Familie hat ihn schon seit langer Zeit mit einem standesgemässen Mädchen verlobt und für sie ist es natürlich undenkbar, dass er jetzt eine Frau aus Deutschland heiratet. Ohne Heirat eine Aufenthaltsbewilligung für Deutschland zu bekommen, ist für einen Inder praktisch nicht möglich und deshalb auch keine Option. Also muss geheiratet werden, aber auch das wird fürchterlich kompliziert. Über alle Hindernisse hinweg – wovon Franziskas Schwiegerfamilie nicht das Geringste ist – finden die beiden jungen Menschen schliesslich einen Weg. Und am Ende heiraten sie gleich dreimal: Einmal standesamtlich, einmal so richtig pompös in Indien und einmal mit einer indischen Zeremonie in Bayern.
„Tausche Dirndl gegen Sari“ ist eine leicht und authentisch in der Ich-Perspektive erzählte Liebesgeschichte. Zahlreiche Hindernisse müssen überwunden werden, bis das sympathische Paar endlich ein Happy-End erleben darf. Nette, sympathische Menschen und das richtige Leben – und trotzdem keine Sekunde langweilig! Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und empfehle es auch gerne weiter.

„Tausche Dirndl gegen Sari“
Franziska Schönenberger und Stefanie Bamb
Atlantik-Bücher, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg, 2016
broschiert, 287 Seiten
ISBN: 978-3-455-70016-9
auch als eBuch erhältlich

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