Zu Beginn meiner ersten Schwangerschaft kam so einiges zusammen: Zuerst erhielten wir die Kündigung für die Wohnung in der wir 16 Jahre gelebt hatten. Wir mussten vor die Schlichtungsstelle und konnten zwar nicht in der Wohnung bleiben, bekamen aber drei Jahre zugesprochen, um uns etwas Neues zu suchen. Wenige Wochen später erhielt ich auf der Arbeit die Kündigung. Aufgrund der Schwangerschaft war die Kündigung zwar nichtig, aber mein Vorgesetzter, der mir gekündigt hatte, wollte nicht mehr mit mir zusammenarbeiten und die Geschäftsleitung besorgte mir einen Arbeitsplatz in der Qualitätskontrolle, der nichts mit meiner bisherigen Tätigkeit zu tun hatte. Es war keine schöne Situation und ich war zwar in einem sympathischen Team gelandet, hatte aber keine Freude an meiner Tätigkeit. In der 15. Schwangerschaftswoche erfuhr ich, dass das Baby gestorben war.

Ein paar Wochen später erhielt ich von der Direktion einen neuen Arbeitsvertrag im technischen Verkauf, und meine Arbeitssituation entspannte sich. Jedenfalls so lange, bis ich kurz darauf wieder schwanger wurde. Die Geschäftsleitung sah das als persönlichen Affront an und fand es undankbar, dass ich so egoistisch handelte und gleich wieder schwanger wurde, obwohl man mir doch eine so tolle Stelle angeboten hatte. Das liess man mich spüren.

Neben dem Stress und belastenden Situation während der Arbeit, hatte ich in dieser Schwangerschaft mit grossen Āžngsten zu kämpfen: Nach der Fehlgeburt ein paar Monate zuvor vertraute ich meinem Körper nicht mehr und ich fürchtete, dass wir noch vor der Geburt oder direkt nach der Geburt umziehen müssten. Ganze Nächte lag ich wach und überlegte mir Szenarien, was alles schieflaufen könnte. Von März bis Mai hielt mich zudem eine schwere Bronchitis im Schach und ich googelte, was mit den Medikamenten oder ohne sie schief laufen könnte.

Rein körperlich ging es mir im zweiten und dritten Trimester besser, aber psychisch… Der Kurze drehte sich nicht und ab der 30. Schwangerschaftswoche redete die Frauenärztin über einen Kaiserschnitt und die Hebammen und der Arzt im Spital über eine äussere Wendung. Der Kaiserschnitt war schliesslich aus medizinischen Gründen nötig, aber ich wollte ihn nicht und innerlich sträubte sich mir alles dagegen. Voller Āžngste, voller Gedanken an mögliche Komplikationen wurde ich in den Operationssaal gefahren und wurde nicht enttäuscht: Es lief einiges schief, weit über das hinaus, was ich mir in meinen schlaflosen Nächten vorgestellt hatte (siehe « Gestern vor einem Jahr » und « Hauptsache gesund »).

Nach zwei Wochen auf der Neonatologie durfte der Kurze nachhause.

Zwei Wochen später ging das Schieflaufen weiter. Der Kurze musste wieder ins Spital, zur Beobachtung, Diagnose, Operation und Genesung. Tagelang, wochenlang sass ich neben seinem Bett und weinte. Mir liefen 24/24 die Tränen runter, das war wie ein Überlauf, meine Augen weiten, aber ich blieb wie auf Distanz und war irgendwie unbeteiligt. Das Krankenhaus schickte mir einen Psychiater, aber ich konnte seine Hilfe nicht annehmen. Wegen dem Stillen habe ich mich auch geweigert, die angebotenen Medikamente zu nehmen.

Ich hielt durch und murkste mich irgendwie durch den Alltag im Krankenhaus, dann zuhause, ich machte mich selbständig, zog um (und packte unser ganzes Zeug praktisch im Alleingang, weil der Mann zu der Zeit noch im Aussendienst arbeitete und endlos Überstunden machte)… monatelange Schlaflosigkeit, während der wegen seiner Nahtoderfahrung und den Wochen im Krankenhaus schwer traumatisierte Kurze entweder an mir klebte oder Zeiter und Mordio schrie. Wir konnten ihn weder ablegen, noch jemandem anderen anvertrauen, um mal zu Atem zu kommen.

Nach drei Jahren schickte ihn sein Kinderarzt zur Kinderpsychiaterin. Und Wunder über Wunder: Diese ältere, sehr erfahrene Āžrztin erkannte meinen Zustand und behandelte mich, die Mutter, um dem Kurzen zu helfen!

Weshalb ich euch ausgerechnet jetzt von all dem erzähle?

Weil weder meine Hausärztin noch ich selbst meinen Zustand erkannt hatten!

Man weiss einfach immer noch zu wenig über die Zusammenhänge von psychischer Gesundheit in der Schwangerschaft und nach der Geburt, den Ursachen von pränataler, perinataler und postnatalen Depressionen und wie all die hormonellen Umstellungen da mit reinspielen.

Dabei ist gerade die psychische Gesundheit und Stabilität der Mutter extrem wichtig für das Kind und die Familie. Man weiss, dass es Zusammenhänge mit der psychischen Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft und der späteren Gesundheit des Kindes gibt.

Unter anderem sind Stress und Depression während der Schwangerschaft als eine der möglichen Ursachen von ADHS und anderen neuropsychologischen Auffälligkeiten im Gespräch. Aber bevor man etwas Genaueres darüber sagen kann, braucht es mehr Fakten!

Forschung des psychologischen Instituts der Universität Zürich

Weshalb entwickeln manche Frauen während und nach der Schwangerscharft depressive Symptome, während andere unter denselben Bedingungen psychisch gesund bleiben?

Alexandra Johann und Elenda Dukic vom psychologischen Institut der Universität Zürich führen zur Zeit unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrike Ehlert eine Untersuchung mit Schwangeren aus der Schweiz durch.

Dafür suchen die Forscherinnen Schwangere, die bereit wären, an der Studie mitzumachen. Die Teilnehmerinnen würden zwei mal ins Labor vom Psychologischen Institut in Oerlikon fahren. Dort werden werden sie einen psychologischen Fragebogen ausfüllen und eine kleine Blutprobe vom Finger abgeben.

Zwischen den zwei Laborbesuchen müssten die Teilnehmerinnen in gewissen Abständen Speichelproben sammeln und Fragebögen zu ihrer Stimmung ausfüllen.

Zum Dank bekommen die Teilnehmerinnen ein Geschenkpaket mit Mutter-Kind Produkten im Wert von 150.- CHF und erhalten natürlich Einblick in die Resultate der Studie.

Onlinerekrutierung für die Studie Psychische Gesundheit von Schwangeren der Universität Zürich

Onlinerekrutierung für die Studie Psychische Gesundheit von Schwangeren der Universität Zürich

Wer mitmachen möchte, findet hier weitere Informationen sowie die Kontaktangaben: Psychische Gesundheit in der Schwangerschaftswoche