Israel. Ein Land, das mich schon immer fasziniert hat, schon seit der Zeit, als ich in der Sonntagsschule gespannt den biblischen Geschichten gelauscht hatte. Später schaute ich mir stundenlang die Bilder in meinem Atlas an, der „Die Welt der Bibel“ hiess und den ganzen Nahen Osten abbildete, aber insbesondere Israel, Jordanien und die Gegend, in der Jesus von Nazareth gelebt und gewirkt haben soll.

Aufgrund seiner Jahrtausende alten, aber auch seiner neueren Geschichte, bringt diese karge Landschaft einen ganz besonderen Menschenschlag hervor. Ich kenne zwar nicht viele Israelis, aber die Handvoll, die ich kenne, sind allesamt offenherzige, freundliche Menschen und gleichzeitig zähe Kämpfernaturen mit denen nicht gut Kirschen essen ist, wenn sie wütend werden. Wunderbare Menschen! Es erfüllt mich mit Trauer, wenn dieses wunderschöne Land unter Gewalt und Krieg leiden muss. Als ob die Menschen dort – Juden und Palästinenser gleichermassen – nicht schon genug gelitten und einfach nur Frieden verdient hätten.

Handlung

Layla Al-Riadh ist 27 Jahre alt, Journalistin bei einer Radiostation und arabische Israelin. Ihr Sender schickt sie zu belanglosen Veranstaltungen, doch sie möchte gerne eine richtige Reporterin sein und über Themen berichten, „die politisch relevant waren“. Sie wollte „die Menschen aufrütteln“, stattdessen spricht sie den Verkehrsfunk und interviewt „magere junge Frauen mit Spatzenhirnen“. Als ihr Sender die Meldung bekommt, in Galiläa sei ein Engel gesichtet worden. Wunder und Engel sind in Israel alltäglich, „immerhin ist das hier das heilige Land, und die Bevölkerung, egal ob jüdisch, christlich oder muslimisch, kommt nicht ohne ihre tägliche Dosis Wahnsinn aus“. Auf jeden Fall wird Layla nach Tiberias geschickt, um über diesen Engel zu berichten.

Lior Orly ist Hirnforscher und Jude und an dem Tag, an dem die Geschichte beginnt, fährt er nach Tiberias, um seinen Vater zu besuchen. Dort, direkt beim Hafen, sieht er Layla und verliebt sich Hals über Kopf in sie: „Als sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunde treffen, ist es, als würde plötzlich alles an seinen Platz rücken“.

Aber die beiden begegnen sich nicht, noch lange nicht. Erst später in der Geschichte, nachdem der Engel verhaftet wurde, tun sie sich zusammen, um ihn zu finden und dafür zu sorgen, das er entlassen wird. Dabei helfen ihnen unter anderem ein kleiner Junge, ein Polizist und eine Wahrsagerin.

Meine Meinung

Die Autorin spinnt die Handlung in typisch orientalischer Weise in die Landschaft ein, in die Hügel rund um die Städte Jerusalem und Tel Aviv, und webt so den Erzählstrang, bis ein bunter Teppich entsteht. Fast spürt man die Hitze, sieht das Flimmern und riecht man die schweren Düfte der Luft bei 40° Celsius. Das war jetzt etwas klischeehaft, ich bitte um Verzeihung. Aber es ist tatsächlich so, dass wenn man sich vorstellt, das Buch von einer samtenen Frauenstimme vorgelesen zu bekommen, man einfach stundenlang zuhören könnte, ohne der Geschichte überhaupt zu folgen, sondern nur dem Erzählen an sich.

Neben der Erzählweise selber fand ich die Entwicklung der Charaktere beeindruckend. Keiner von ihnen ist am Ende der-/dieselbe, wie zu Beginn der Geschichte. Nicht nur die Protagonist/innen, sondern auch die Nebenfiguren müssen im Laufe der Geschichte ihren Glauben und ihre Einstellungen hinterfragen und mit der Zeit verändern sie sich unter dem Einfluss des Engels und der Ereignisse. Dieser Veränderung beizuwohnen, an ihr teilzuhaben, ebenfalls ins Nachdenken zu kommen, was einem selber betrifft, war ein besonderes literarisches Vergnügen.

Ich hoffe sehr, von der Autorin Joana Osman in naher Zukunft weitere Bücher lesen zu dürfen!

Update vom 27.11.2023: Im August 2023 kam „Wo die Geister tanzen“ von derselben Autorin heraus, in dem sie die Geschichte ihrer palästinensischen Familie erzählt.

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Klappentext

In Israel, einem Land, in dem beinahe täglich ein Wunder ausgerufen wird, taucht ein junger Mann auf, er die Menschen dazu bringt, ihren Feind als Mensch zu sehen und einen Schritt auf ihn zuzugehen. Während die Einen ihn dafür als Erlöser feiern, lassen die Anderen ihn als Terroristen verhaften. Und während in Jerusalem das Chaos ausbricht, fasst eine kleine Gruppe von Menschen den Mut, ihre Furcht vor der anderen Seite zu überwinden.

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Bezugsquellen

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