Ich mag Champagner und als Übersetzerin arbeite ich für einen Schweizer Familienbetrieb, der Schaumwein nach der berühmten „Méthode traditionelle“ herstellt. Hättet Ihr gewusst, dass die industrielle Produktion dieser „traditionelle Methode“ von einer der ersten und unglaublichsten Unternehmerinnen von Europa erfunden wurde? Und dass es damals fast unmöglich war, einen nicht süssen „Brut“-Champagner herzustellen und eine weitere Grande Dame aus Reims jahrzehntelang mit ihren Oenologen forschte, bis sie es ohne allzu grosse Verluste klappte?

Als ich sah, dass beim Goldmann Verlag einen biografischen Roman über die Veuve Cliquot UND Madame Pommery herauskommen sollte, habe ich natürlich sofort nach einem Rezensionsexemplar gefragt. Herzlichen Dank an dieser Stelle an den Verlag.

Die Geschichte

1858 übernimmt Jeanne Pommery nach dem unerwarteten Tod ihres Gatten Alexandre dessen Champagnerkellerei in Reims. Weibliche Geschäftsleute sind in dieser Zeit selten, in der Welt des Champagners findet sie jedoch ein grosses Vorbild: Barbe-Nicole Cliquot, die berühmte „Veuve Cliquot“, die diesen Weg vor ihr gegangen war und aus dem kleinen Weinhandel ihres verstorbenen Mannes ein Imperium geschaffen hatte.

portraet von barbe-nicole clicquot, der veuve clicquot, ca
Porträt von Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, der „Veuve Clicquot“ (1777-1866), gemalt 1859-1861 von Léon Cogniet.

Die Veuve Cliquot bietet Jeanne Pommery ihre Hilfe an, und da diese keine Ahnung vom Weinbau und -handel hat, nimmt sie diese Hilfe auch gerne an. In zahlreichen Besuchen zwischen den beiden Frauen erzählt Barbe-Nicole von ihrer Jugend, ihrer Jugendliebe, dem Tod ihres Mannes, den Depressionen ihres Sohnes und wie sie nach dem Tod des Ersteren angefangen hatte, für den Zweiten das Geschäft zu führen und wie sie es nach dessen Tod dann im eigenen Namen weitergeführt hatte. Unterstützt von ihrer (fiktiven) Jugendliebe, dem Winzer Marcel fängt sie an, ihre ersten Assemblagen zusammenzustellen, und mithilfe des Handelsreisenden Ludwig Bohne kann sie ihren eigenen Champagner schliesslich über fast ganz Europa bis tief ins Russische Zarenreich hinein verkaufen. Aber nicht immer läuft alles gut, sie muss ihr Geschäft durch Kriege und Missernten führen, und fürchtet mehr als einmal, alles zu verlieren.

portraet von Jeann Louise Pommery ca 1870
Jeanne Louise Pommery (1819-1890), ca. 1870

Auf der zweiten Erzählebene lernen wir, wie auch die Witwe Pommery schnell lernt, die Zügel in die Hand zu nehmen und dem Geschäft zum Erfolg zu verhelfen. Doch knapp 10 Jahre später bricht der Deutsch-Französische Krieg aus und deutsche Truppen nehmen Reims ein, und plündern dabei die berühmten Champagner-Kellereien. Jeanne Pommery erinnert sich jedoch an die Erzählungen von Barbe-Nicole Cliquot über die Kreidestollen, welche die Römer der Antike dort angelegt hatten, und kann dort ihre Weine verstecken und dadurch retten.

Die ganze Zeit über arbeitet Madame Pommery mit ihren Kellermeistern an einer der grössten Innovationen der damaligen Champagnerwelt: 1874 bringt das Haus Pommery mit dem «Pommery Nature» den weltweit ersten trockenen Champagner («brut») auf den Markt.

Mein Fazit

Ich liebe fast alles an diesem Buch: Den Wein, starke Frauen, die sich in einem (bisher) Männergeschäft erfolgreich durchsetzen, und die Tatsache, dass die meisten der beschriebenen Ereignisse tatsächlich so oder ähnlich passiert sind, auch wenn natürlich die Gespräche zwischen den Personen frei erfunden sind.

Nur die Liebesgeschichte zwischen Barbe-Nicole und ihrem Kellermeister und späteren Liebhaber Marcel fand ich etwas enttäuschend. Die ist nicht nur flach und vorhersehbar, sondern für diese tolle Geschichte schlicht überflüssig.

Alles in allem habe ich „Die Champagnerfürstin“ mit grossem Genuss gelesen und es hat mir während meinen Sommerferien ein paar vergnügliche und lehrreiche Stunden beschert.

"Die Champagnerfürstin" von Annette Fabiani
„Die Champagnerfürstin“ von Annette Fabiani

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Klappentext

„Reims 1858: Als Jeanne Pommery überraschend Witwe wird, steht die Konkurrenz schon bereit, um den Weinhandel ihres verstorbenen Mannes zu zerschlagen. Jeanne will das Unternehmen jedoch selbst weiterführen, wohl wissend, dass sie sich in einer unerbittlichen Männerwelt behaupten muss. Deshalb sucht sie Rat bei Barbe-Nicole Clicquot, die nach dem Tod ihres Mannes aus ein paar Weinbergen ein Weltimperium schuf. Jeanne lernt viel von der alten Dame, die als junges Mädchen die französische Revolution überlebte und allen Widrigkeiten trotzte. Schliesslich gelingt es der selbstbewussten Jeanne, mit einem neuartigen Brut-Champagner den Markt zu erobern. Doch Krieg und Aufstände drohen ihr Lebenswerk zu zerstören …“

„Die Champagnerfürstin“
von Annette Fabiani
Goldmann Verlag, 2022
ISBN 978-3-442-49268-8

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Bezugsquellen

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