Depression: Wollen sollen aber nicht wollen können plzmDepression: Wollen sollen aber nicht wollen können 479d7678a27b42dcba1da28623a1841a

Jemand beschrieb die Depression mal als „nicht wollen können“. Und so fühlt es sich auch an. Man sollte etwas wollen. Man sollte aufstehen wollen. Man sollte rausgehen wollen. Man sollte sich bewegen wollen. Man sollte sich freuen wollen.

Aber was, wenn das Wollen fehlt? Sich etwas vorzunehmen, reicht offenbar nicht aus, wenn man es nicht genug will.

Was, wenn man nicht wollen kann?

Wenn es einfacher ist, sitzen zu bleiben und darüber nachzugrübeln, weshalb man etwas nicht tut, als aufzustehen und es zu tun? Wenn sich selbst kleine Dinge wie unüberwindbare Hürden anfühlen?

Ich habe oft gedacht, dass das Leben einfach weitergeht, egal wie unbeweglich ich mich fühle. Aber dieses „Weitergehen“ hat mich nicht ermutigt. Es hat mir nicht die Kraft gegeben, die ich bräuchte, um selbst weiterzugehen. Stattdessen sitzt man fest.

Das ist vielleicht das Schlimmste: die Festgefahrenheit. Ein Tag nach dem anderen vergeht, jeder ähnlich dem vorherigen. Man sieht sich selbst von aussen – als würde man einen Film schauen, bei dem man nicht eingreifen kann.

Die zermürbenden Fragen

Warum will ich nicht? Warum reicht „sollte“ nicht aus?

Es gibt Tage, da fühle ich mich wie in einem Labyrinth aus Möglichkeiten und Verpflichtungen, ohne zu wissen, wo der Ausgang ist. Es gibt keinen klaren Anfangspunkt, keine Motivation, die einen antreibt. Ich frage mich dann: Woher kommt diese Lähmung?

Ein Teil von mir weiss, dass es in Ordnung ist, Pausen zu machen, auszuruhen. Aber was, wenn die Pause nicht endet? Wenn sie nicht mehr wie eine Phase, sondern wie ein Dauerzustand erscheint? Was, wenn der Drang, sich auszuruhen so stark überhand nimmt, dass man sich vorstellt, zu sterben, nur um schlafen zu können?

Schon ist wieder ein Tag rum – einer mehr, an dem ich es nicht getan habe. Einer mehr, an dem ich mir gewünscht habe, einfach nur wollen zu können.

Die überwältigende Müdigkeit

Wenn ich könnte, würde ich einfach so lange schlafen, bis die Müdigkeit weg ist. Aber es ist nicht nur die Müdigkeit im Körper – es ist die Müdigkeit in der Seele. Sie frisst die Freude auf, bis man sich fragt, ob es überhaupt noch etwas gibt, worüber oder worauf man sich freuen könnte.

Natürlich weiss ich, dass es diese Dinge gibt. Intellektuell kann ich sie durchaus erkennen. Manchmal sehe ich sie ganz klar: ein Sonnenstrahl, der durch das Fenster fällt, der Duft von Kaffee, die Ruhe eines frühen Morgens. Aber sie erreichen mich nicht.

Und so bleibt mir nur die Hoffnung, dass der Wunsch zurückkommt.

Die kleinen Erfolge zählen

Erfolge festhalten hilft, hat mir mal jemand gesagt.

Also schreibe ich sie auf. Manchmal nur für mich, manchmal teile ich sie. Kleine Taten, die sich wie riesige Siege anfühlen. Heute bin ich aufgestanden. Heute war ich einkaufen. Heute habe ich die Wäsche zusammengelegt. Heute habe ich einen Plan gemacht.

Meine „Have done“-Liste hilft mir zu überleben, auch wenn sie manchmal schmerzlich kurz bleibt. Sie ist ein kleiner Beweis, dass ich nicht ganz verloren bin, dass ich überhaupt noch am Leben bin.

Was liegt hinter dem Nebel?

Ich habe oft das Gefühl, dass ich vor einer Nebelwand stehe. Dahinter liegt das Leben, wie ich es mir wünsche. Oder der Abgrund?

Die Nebelwand ist da. Dick, fest, undurchdringlich. Noch.

Manchmal, in einem klaren Moment, frage ich mich, was wirklich hinter dem Nebel liegt. Vielleicht nicht das perfekte Leben. Vielleicht einfach nur der nächste Schritt. Und wenn ich das so sehe, wird der Nebel ein wenig dünner.

Nebel am Creux-du-Van als Sinnbild für die Depression
Nebel am Creux-du-Van
(Quelle: photosforyou @ pixabay)

Überleben, bis die Wünsche zurückkommen

Es gibt Tage, an denen ich mir sage: Es reicht, bis zum Abend zu überleben.

Das klingt vielleicht nicht nach viel. Aber für mich ist es genug. Jeder Tag, den ich durchstehe, ist ein weiterer Tag Richtung Veränderung. Verbesserung. Ein weiterer Tag, an dem ich die Möglichkeit habe, wieder atmen zu können, wieder in die Ferne sehen zu können.

Die Tage, an denen ich wieder Wünsche habe, kommen langsam zurück. Sie kommen in winzigen Momenten: Wenn ich plötzlich einen Spaziergang machen möchte, wenn ich ein Buch aufschlage und merke, dass ich Lust habe zu lesen, oder wenn ich jemanden anrufe, einfach nur so.

Das ist doch ein guter Wunsch, oder?