Die Outlander-Saga von Diana Gabaldon hat mich schon seit „Feuer und Stein“, dem ersten Band, in ihren Bann gezogen – wie Millionen andere Fans weltweit. Die Mischung aus Zeitreise, historischem Abenteuer und einer Liebesgeschichte, die sich durch Jahrhunderte zieht, hat ihren eigenen Zauber. Der neunte Band, „Das Schwärmen von Tausend Bienen“, führte mich diesmal mitten in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Über die Jahre ist aus der Geschichte von Claire und Jamie Fraser ein komplexes, weitverzweigtes Familienepos geworden, das eng mit realen historischen Ereignissen verwoben ist.
Um was es in „Das Schwärmen von tausend Bienen“ geht
Ein Neubeginn mit Schatten der Vergangenheit
„Das Schwärmen von Tausend Bienen“ beginnt im Jahr 1779 – eine Zeit des Umbruchs, die für Claire und Jamie auch sehr persönlich bedeutsam wird. Für mich als Leserin war es besonders spannend, die Entwicklung dieser beiden Figuren, die ich seit langem begleitet habe, weiterzuverfolgen. Ein Höhepunkt des Buches ist die unerwartete Rückkehr ihrer Tochter Brianna mit ihrem Mann Roger und den Kindern. Diese Rückkehr aus dem 20. Jahrhundert nach Fraser’s Ridge ist natürlich ein freudiges Wiedersehen – und doch bleiben Zweifel: Warum sind sie zurück? Die Andeutungen, dass in der Zukunft eine ernsthafte Bedrohung lauert, verleihen dem Wiedersehen einen bitteren Beigeschmack. Obwohl die Frasers in diesem Band nicht wieder so viel leiden müssen, lässt sie Gabaldon nicht von der Angel und man erwartet ständig das nächste Unglück.
Ein Dorf während dem Krieg
Fraser’s Ridge, wo sich die Frasers nach ihrer Ankunft in Amerika ein neues Leben aufgebaut haben, wird bald zu einem Spiegelbild der Konflikte, welche die zukünftige USA in dieser Zeit erschüttern. Gabaldon holt die Wirren des Krieges direkt in die familiäre Umgebung ihrer Hauptfiguren. Die Spannungen zwischen Revolutionären und Loyalisten zwingen die Bewohner des Ridge, Stellung zu beziehen – manchmal auch gegen Freunde und Nachbarn. Der Autorin gelingt es sehr gut, die persönliche Ebene der Figuren mit den grossen politischen Ereignissen der Zeit zu verbinden.
Wie immer bei Gabaldon leidet man mit den geliebten Hauptfiguren mit, wenn sie in innere und äussere Konflikte geraten. Ich mag historische Romane sehr, aber bei vielen von ihnen stört es, dass die Handlungen der Protagonisten nicht sehr glaubwürdig sind. Gabaldon schafft den Spagat zwischen den Loyalitäten und Überzeugungen meisterlich und sie erzählt die inneren Konflikte der Hauptpersonen, die die Zukunft kennen, sehr glaubwürdig und überzeugend.
William Ransom – der zerrissene Sohn
Ein weiterer faszinierender Handlungsstrang ist der von William Ransom, Jamies unehelichem Sohn. Er erfährt, wer sein richtiger Vater ist, und Diana Gabaldon stellt die Konflikte, die sich daraus ergeben, äusserst spannend dar. In der inneren Zerrissenheit ihrer Figuren liegt die grosse Stärke der Autorin, man wird sich ihrer Unsicherheiten und Zweifel bewusst und leidet mit ihnen mit. Williams Reise zur Selbstfindung war für mich eine der packendsten Entwicklungen in diesem Band und ich wollte ihm beim Lesen zurufen, was er tun solle. Dass er sowohl seine Herkunft akzeptieren muss als auch versucht, sich als eigenständiger Charakter zu behaupten, verleiht der Figur von William eine neue Tiefe und macht ihn interessanter.
Lord John Grey
Ich persönlich finde Lord John Grey vom Charakter her fast interessanter als Jamie, weil er vielschichtiger, weniger linear ist. In diesen Band bleibt er nicht nur eine Randfigur, sondern muss eigene Herausforderungen durchleben. John ist nicht nur ein loyaler Freund und Unterstützer der Frasers, sondern auch jemand, der sich seinem eigenen moralischen Kompass und seiner Regierung verpflichtet fühlt. Seine Entscheidungen haben Konsequenzen für ihn selbst und seinen Sohn, was ihn mitsamt seinen inneren Konflikten zu einem faszinierenden Charakter macht, der eine zusätzliche Perspektive in die Erzählung bringt und sie bereichert.
Neue Figuren und dramatische Abschiede
Gabaldon führt in diesem Band ein paar neue Charaktere ein, die die Dynamik der Geschichte bereichern und frische Konflikte in die Handlung bringen. Gleichzeitig gibt es Abschiede von bekannten Figuren, die man über Jahre hinweg lieb gewonnen hat – manchmal so abrupt und tragisch, dass man die Autorin am liebsten dafür anschreien würde. Die Mischung aus bekannten Gesichtern und frischen Impulsen verhindert jedoch wie in jeder guten Fortsetzungsgeschichte, dass sich die Erzählung abnutzt, was bei einer so langen Serie durchaus ein Risiko ist.
Claire – eine moderne Ärztin im 18. Jahrhundert
Wie Claire versucht, mit ihrem Wissen aus dem 20. Jahrhundert, das Leben der Menschen in einer Zeit zu verbessern, die noch an die Grenzen mittelalterlicher Medizin stösst, ist für mich ein weiterer interessantester Aspekt der Outlander-Reihe. Die Herausforderungen, vor denen sie als Ärztin steht, nehmen auch im neunten Band eine zentrale Rolle ein und führen immer wieder zu spannenden moralischen Fragen. Auch bei Claire ist der innere Konflikt und ihre Zerrissenheit zwischen den Zeiten mit jedem Wort spürbar.
Die Frage nach der Zeitreise: Brianna und Roger
Brianna und Roger müssen über die Konsequenzen ihrer Rückkehr in die Vergangenheit nachdenken: Was könnten die Auswirkungen auf die Zukunft sein, wenn sie ihre Zeit erneut verlassen? Für mich als Leserin bleibt die Spannung gerade durch diesen Aspekt hoch. Auch die Zeitreise selbst ist ja kein Sonntagsspaziergang, erst recht nicht für die Kinder. Gabaldon zeigt im ganzen Roman hindurch immer wieder, wie fragil die Welt der Menschen ist und dass ihr Leben in einem Wimpernschlag beendet sein kann.
Mein Fazit
Die Serie begleitet mich seit zwei Jahrzehnten und gehört zu jenen Serien, bei denen ich beim Erscheinen eines neuen Bandes zuerst alle vorherigen noch einmal durchlese, bevor ich mir die Neuerscheinung gönne. „Das Schwärmen von Tausend Bienen“ hat mich nicht enttäuscht. Diana Gabaldon lässt das historische Setting erneut lebendig werden und verpasst einem im Vorbeigehen noch ein paar Geschichtskenntnisse.
Besonders gut hat mir gefallen, dass in diesem Band die jüngere Generation – allen voran Brianna, Roger und William – mehr mehr Raum für ihre eigenen Abenteuer erhalten haben. Jamie und Claire bleiben jedoch trotzdem präsent und verkommen nicht etwa zu Nebenfiguren.
In diesem Band gibt es im Vergleich zu Band 1-8 viele ruhige Passagen. Gabaldon schafft es diesmal, auch ohne extreme Dramen eine Atmosphäre von Verbundenheit und persönlichen Prüfungen aufzubauen. Teilweise sind es fast zu viele Figuren, zu viele Handlungsstränge und zu viele Konflikte – langsam bräuchte man ein Personenregister mit einer Tabelle, wer zuvor wo was mit wem erlebt hat, so könnte sich die Autorin die Rückblenden und Erklärungen sparen, die manchmal den Fluss der Erzählung stört.
Dieser Schwachpunkt stört mich als eingefleischten Fan der Outlander-Serie jedoch nicht allzu sehr und hilft die Erinnerung aufzufrischen (man kann sich ja nicht über mehrere tausend Seiten jedes Detail merken).
Trotz kleiner Kritikpunkte – für mich ist „Das Schwärmen von Tausend Bienen“ eine würdige Fortsetzung der Outlander-Saga. Diana Gabaldon hat einmal mehr bewiesen, wie gut sie Geschichte, Emotion und Fantasie zu einem epischen Leseerlebnis verweben kann. Ich hoffe, Band 10 kommt auch bald und bin gespannt, wo uns dieser hinführen wird!
Steckbrief
Im historischen Roman »Outlander – Das Schwärmen von tausend Bienen« müssen Claire und Jamie Fraser inmitten des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges um ihre Familie und ihre Liebe kämpfen.
1779 steht für Claire Randall und Jamie Fraser mehr auf dem Spiel als jemals zuvor: Zwar sind sie überglücklich über Briannas Heimkehr – doch niemand weiß, ob die Gefahr, die ihre Tochter mit Mann und Kindern zur Flucht aus dem 20. Jahrhundert gezwungen hat, wirklich gebannt ist. Wie können Claire und Jamie ihrer Familie inmitten des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges Schutz bieten?
Währenddessen hadert der junge William Ransom noch immer mit seiner wahren Abstammung. Und Lord John Grey muss sowohl einen Weg zur Versöhnung finden, als auch neuen Gefahren entgegentreten – im Namen seines Sohnes, und in seinem eigenen …
Spannung und Dramatik, Leidenschaft, Liebe und Abenteuer: Seit 8 internationalen Bestsellern steht die Serie »Outlander« für einen hoch spannenden Mix aus Zeitreise-Roman und historischem Roman.
Auch im 9. Band von »Outlander« lässt Welt-Bestseller-Autorin Diana Gabaldon uns hautnah am Schicksal von Claire und Jamie Fraser, ihrer Familie und ihren Freunden teilhaben.
Alle Bände der „Outlander“-Reihe von Diana Gabaldon:
- »Outlander – Ein Schatten von Verrat und Liebe«
- »Outlander – Feuer und Stein«
- »Outlander – Die geliehene Zeit«
- »Outlander – Ferne Ufer«
- »Outlander – Der Ruf der Trommel«
- »Outlander – Das flammende Kreuz«
- »Outlander – Ein Hauch von Schnee und Asche«
- »Outlander – Echo der Hoffnung«
„Das Schwärmen von tausend Bienen“
Diana Gabaldon, aus dem Englischen übersetzt von Barbara Schnell
Knaur, November 2021
ISBN: 978-3-426-65374-6
Erhältlich als Hardcover, E-Book oder Hörbuch
Bezugsquellen
Deutschland
- amazon.de
- buch24.de
- buecher.de
- genialokal.de
- medimops.de (second hand)
- osiander.de
- thalia.de
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