Als Grüffelo-Fan der ersten Stunde freue ich mich natürlich jedes Mal, wenn von Scheffler & Donaldson etwas Neues kommt. So konnte ich es kaum erwarten, bis Ende August diesen Jahres das Bilderbuch „Die Vogelscheuchenhochzeit“ bei Beltz & Gelberg erschien.
Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte
Die Vogelscheuchen Betti von Binsen und Herbert von Stroh lieben sich und möchten gerne heiraten.
„Die Hochzeit wird herrlich, die Hochzeit wird fein,
herrlicher wird eine Hochzeit nie sein!“
Sie machen eine Liste mit den benötigten Sachen und fangen an, sie zusammenzutragen. Am Ende fehlen nur noch die Blumen und Herbert macht sich alleine auf, sie zu holen. Dabei stösst er auf allerlei Hindernisse, die ihn viel Zeit kosten.
Derweil baut der Bauer eine neue Vogelscheuche, Reinhold den Rüpel, um den verschwundenen Herbert zu ersetzen. Reinhold macht sich prompt an Betti heran und versucht, ihr Herbert madig zu machen. Aus Versehen zündet er das Stroh auf dem Feld an, auf dem sie stehen und macht sich darauf vom Acker.
Am Ende kommt aber alles gut, Betti wird gerettet und die Hochzeit kann stattfinden.
Was meint die Zielgruppe?
Kurzer (5 Jahre) fand „Die Vogelscheuchenhochzeit“ mässig interessant, was natürlich daran liegen könnte, dass der Traktor überhaupt erst auf der letzten Seite auftaucht. Aber eigentlich denke ich, dass Heiraten nicht unbedingt ein Thema ist, das Vier- und Fünfjährige interessiert, ausser es stünde in ihrem näheren Umfeld gerade eine Hochzeit an. Auch J., ein viereinhalbjähriges Testkind aus unserem Bekanntenkreis ist nicht auf die Geschichte angesprungen.
Kurzer stellte aber viele Fragen: Was ist Heiraten und weshalb tut man so was? Weshalb ist Reinhold so gemein und wieso überhaupt zündet er Betti an?
Als Betti brannte, fing er zu weinen an.
Mein persönliches Fazit
Ich mag die Bilder von Axel Scheffler und ich mag die Reime von Julia Donaldson und auch an der Übersetzung dieser Reime aus der Tastatur der grandiosen Salah Naoura ist nichts auszusetzen.
Aber dieses Buch mag ich nicht. Ich kann nicht behaupten, dass es schlecht wäre – technisch gesehen ist es durchaus in Ordnung. Wie immer bei diesem Autorenduo hat es eingängige Reime mit einem Refrain, der sich auf jeder Seite wiederholt und den das Kind schon beim zweiten Vorlesen mitspricht. Auch die bunten Zeichnungen mit den vielen Details und den glubschäugigen Figürchen sind witzig wie immer.
Aber statt wie in anderen Büchern mit Vorurteilen zu spielen und diese frech zu demontieren (man denke nur an das Mäuschen, wie es den Grüffelo an der Nase herum führt), schöpft das Grüffelo-Team hier mit der grossen Kelle aus der Klischeesuppe.
Wer sich liebt, heiratet. Ok, das kann man noch durchgehen lassen, manche Leute denken tatsächlich so.
Betti, das dumme Hascherl, muss natürlich eine „richtige“ Hochzeit haben mit allem was dazu gehört. Organisieren soll das der Mann und Betti steht passiv und dekorativ in der Botanik herum. Prompt kommt ein so ein Pick-up-artist mit seinen Aufreissersprüchen daher und fasst sie gar gegen ihren Willen an (!). Sie steht einfach nur da und erzählt ihm von ihrem Verlobten und ihrer feinen Hochzeit, statt ihm eine Gerade auf die Nase zu knallen. Statt also ihre eigene bedrohte Integrität zu verteidigen, hält sie ihm auch noch einen Vortrag über die Schädlichkeit des Rauchens (was interessiert sie überhaupt wenn so ein daher gelaufener Sapperlot seine Gesundheit aufs Spiel setzt?).
Und dann lässt sie sich zu guter Letzt auch noch von ihm anzünden. Wortwörtlich! Statt wegzulaufen oder das Feuer zu löschen steht sie da und ruft um Hilfe, die in Form von Herbert natürlich prompt auch eintrifft. Happyend und so weiter, aber bis dahin war ich von der unerträglichen Passivität Bettis so genervt, dass ich die Geschichte gar nicht mehr geniessen konnte.
In Anbetracht der angsthaften Reaktion meines Kurzen auf den Strohbrand würde ich diesen Teil der Geschichte als eher grenzwertig bezeichnen. Immerhin empfiehlt der Verlag das Buch ab vier Jahren und ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Sohn der einzige ist, der mit Panik reagiert, wenn die Protagonistin lichterloh brennt!
Was soll ich nur empfehlen? „Kauft es nicht“ wäre zu viel gesagt. Wie gesagt: Mir gefällt es nicht, aber manch anderer mag es amüsant finden. Uneingeschränkt empfehlen mag ich es auch nicht, denn ich finde es kaum zum Aushalten, wenn Geschlechterstereotypen nicht wenigstens ein klein Wenig aufgeweicht werden oder doch wenigstens bewusst damit gespielt wird.
Was wird denn hier den Kindern vermittelt? Dass sogar Vogelscheuchenprinzessinnen einfach nur darauf warten, dass ein Prinz sie retten kommt? Dass wenn ihnen einer blöd vorbeikommt, sie einfach da stehen, sich nicht wehren, sondern nett sein und lächeln sollen? Dass Männer entweder Arschlöcher wie Reinhold sind, oder liebe Simpel, wie Herbert von Stroh?
Die Verlosung hat Rosalie gewonnen. Ihre Besprechung der „Vogelscheuchenhochzeit“ findet Ihr hier.
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Klappentext
„Betti von Binsen und Herbert von Stroh wollen Hochzeit feiern. Bald haben sie all das beisammen, was sie dafür brauchen – die Federn für das Kleid, eine Kette, Ringe und Glocken. Es fehlen nur noch die Blumen…
Um ein Haar wäre alles schief gegangen, aber das Glück steht auf ihrer Seite und Betti von Binsen und Herbert von Stroh feiern die schönste Hochzeit aller Zeiten.“
„Die Vogelscheuchenhochzeit“
Axel Scheffler und Julia Donaldson
Beltz & Gelberg, Weinheim und Basel, 2014
ISBN 978-3-407-79580-9
Altersempfehlung des Verlags: ab 4 Jahre
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Also jetzt bin ich gespannt, ob ich der selben Meinung wäre Wie du. Aufgrund dessen ,wie du das Buch beschrieben hast, würde ich es jetzt nicht unbedingt kaufen oder es auf die Wunschliste setzen.
Falls ich die glückliche wäre, dann schreibe Ich definitiv meine Meinung zu dem Buch, wenn ich es mit meinen Mäusen gelesen habe.
Lg
Also an sich haben wir auch einige Bücher von denen, die beide Kinder sehr lieben. Aber ich hatte eben auch schon Bücher in der Hand, die ich dann doch nicht gekauft habe, weil ich sie selbst irgendwie nicht ansprechend fand. Aber das muss ja eben nicht heiÃen, dass es den Kinder nicht gefällt. Ich finde das machmal echt schwer. Ich würde also eine Rezession schreiben, kann aber nicht versprechen, dass wir das Exemplar behalten, wenn es mir oder den Kindern nicht besonders gefälltâ¦
Ist es nicht seltsam, dass dieses Duo einerseits ganz tolle Bücher macht, wie ‚die Schnecke und der Buckelwal‘ und andererseits Bücher, die Erwachsene gar nicht gut finden? Da verlangt wohl der Verlag jedes Jahr ein Buch, egal was.
Mein Kurzer hat ge-ene-mene-muht und dabei ist Rosalie herausgekommen.
Herzlichen Glückwunsch & ich freue mich auf die Besprechung.