Während alle der „guten alten Zeit“ nachtrauern, denke ich mit Grauen an die Zeit zurück, als ich mit dem ÖV unterwegs war und kein Gerätchen dabei hatte, das mich endlos mit neuen Buchstaben versorgte. Erinnert Ihr Euch noch? Wenn das Buch zu früh zuende war, musste man Werbeplakate oder Beipackzettel von Kopfwehtabletten lesen! Oder die „Brigitte“, weil das der am wenigsten schlimme Lesestoff am Bahnhofkiosk war. Irgendwann gab’s dann den Stauffacher im Bahnhof, das war schon eine Erleichterung. Aber natürlich nicht vergleichbar mit heute!
Mit dem Handy und/oder Kindle (Werbelink) hat man immer genug Lektüre dabei und wenn nicht, lädt man sich einfach noch etwas mehr herunter! Ich lese wirklich alles, was mir unter die Augen kommt, und was mich wirklich interessiert, kann ich mir sogar merken. Deshalb nennt mich der Kurze „Mamapedia“.
Anyway, unterwegs lese ich meistens keine Bücher, sondern Artikel von verdaubarer Grösse. Wollt ihr wissen, welche Medien regelmässig konsumiere und weshalb? Dann hier entlang, bitte…
srf.ch
Die Online-Ausgabe von Schweizer Radio und Fernsehen SRF ist meiner Meinung nach die vollständigste Newsseite, um einfach schnell die neuesten Nachrichten bezüglich der Schweiz zu erfahren. Sie ist schnell, aktuell, und deckt die ganze Bandbreite an Themen ab.
Die Lifeticker zu aktuellen Ereignissen finde ich spitze: Schnell das Wesentliche zusammengefasst, ohne zu spekulieren. Die Hintergrundartikel hingegen sind oft oberflächlich und unvollständig. Die Kommentarspalten sind trotz – intransparenter – Moderation von unterirdischem Niveau.
Die Republik
Die vollständig von ihren Leserinnen und Lesern finanzierte Online-Zeitung (mit eigener App) ist in meinen Augen aktuell die beste Informationsquelle der Schweiz. Täglich erscheint 7-Uhr-Newsletter und 2-3 gut recherchierte Hintergrundartikel zu Themen aus der Schweiz und darüber hinaus. Daneben gibt es wöchentliche Rubriken, zwei „Wochenbriefings“ und Kommentare, so wie am Wochenende etwas Kultur. Nicht zu vergessen der sensationelle Covid-19-Uhr-Newsletter, der kürzlich die 200. Ausgabe feierte.
Alle Artikel sind ausführlich recherchiert und mit Links und Quellenangaben versehen, so dass man sich ausführlich ein eigenes Bild über die Hintergründe machen kann (zum Beispiel vor Abstimmungen). Leser:innen werden nicht für dumm, sondern für selbständig denkende Individuen gehalten. Die Diskussionsforen sind übersichtlich und der Ton angenehm sachlich und höflich.
Zuerst dachte ich, die 2-3 Artikel im Tag sind wenig. Aber manchmal erschlagen sie eine:m fast mit ihrer Länge und ihrem Informationsgehalt und sogar ich Schnellleserin schaffe nur gerade einen zum Frühstückskaffee. Mein „Stapel ungelesener Republik-Artikel, die ich eines Tages noch lesen möchte“ wächst in den Himmel.
Higgs (leider keine Aktualisierungen mehr)
Das Schweizer Wissensmagazin Higgs wurde von Journalisten gegründet, die sich auf Wissenschaftskommunikation spezialisiert haben, und enthält journalistisch aufgearbeitete wissenschaftliche Themen aus einem bunten Sammelsurium von Fachbereichen. Abwechslungsreich, sachlich und faktenbasiert.
Ich liebe besonders die Artikel zu aktuellen Themen, die beispielsweise aktuelle Forschungsarbeiten zu Corona oder der Klimaveränderung in verständlichem Deutsch formulieren und für Laien verstehbar machen, ohne deren Aussagen zu verändern. Online über die Artikel diskutieren dürfen nur Abonnent:innen, wodurch die Qualität der Beiträge im Vergleich zu anderen Online-Medien ins Unermessliche steigt. Positiv: Die Autor:innen diskutieren mit! Es herrscht Real-Name-Pflicht und man kann sowohl seinen Namen als auch seine fachliche Expertise verifizieren lassen. Auch das wirkt sich positiv auf die Qualität der Diskussionsbeiträge aus.
Infosperber
Infosperber wurde von zwei von mir hoch verehrten Journalisten mitgegründet, Urs P. Gasche und Erich Gysling. Die Online-Plattform (und eigene App) ist das Sprachrohr der Schweizerischen Stiftung zur Förderung unabhängiger Information (SSUI) und hat sich zum Ziel gesetzt, Mainstream-Medien mit relevanten Informationen aus unabhängigen Quellen zu ergänzen, um das Bild zu vervollständigen.
Die Plattform ist in der Tat gut, um das Bild zu ergänzen. Aber teileweise finde ich die Artikel schon sehr effekthascherisch bzw. kritisch um der Kritik willen. Die angegebenen Quellen sind teilweise schon sehr alternativ, da sie aber konsequent angegeben werden, kann man sich gut ein eigenes Bild machen und sie einordnen. Es ist aber schon so, dass Infosperber mündige, medienkompetente Leser:innen erfordert.
Horizonte
Das Magazin „Horizonte“ habe ich eben erst neulich entdeckt. Es will das „Schaufenster der wissenschaftlichen Forschung in der Schweiz“ sein und ist finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds SNF und den Akademien der Wissenschaften Schweiz. Im Gegensatz zu „Higgs“, das über Forschungsresultate berichtet, geht es bei „Horizonte“ um die Forschung an sich, um den Forschungsstandort Schweiz und darum, wie Wissenschaft funktioniert. Spannend!
…und viele mehr!
Das sind jetzt einfach mal die fünf, die ich regelmässig auf dem Schirm habe und deren Inhalte ich zum Zmorge, in der Kaffeepause, beim Warten oder im Bus lese.
Was lest Ihr so, wenn Ihr unterwegs seid? Gerne dürft Ihr mir in den Kommentaren hier, auf Facebook, Instagram, Twitter oder LinkedIn erzählen, was Ihr gerne lest und warum. Ich ergänze den Artikel dann fortlaufend.
Empfehlungen meiner Leserinnen und Leser
- Ein Leser hat mich auf JOURNAL21.CH aufmerksam gemacht, das ich noch gar nicht kannte. Koriphäen aus den Schweizer Medien schreiben dort ehrenamtlich über Themen aus den Bereichen (internationale und nationale) Politik, Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und über die Medien. Sehr empfehlenswert!
- In den letzten Wochen wurde mir immer wieder das Schweizer Onlinemagazin DAS LAMM in die Timeline geschwemmt. Das Lamm ist ein selbstorganisiertes redaktionelles Kollektiv. Die Artikel im Magazin sind frei zugänglich und die ganze Seite werbefrei, jedoch wird für die Finanzierung um Spenden gebeten. Das Lamm ist eher links zu verordnen, aber die Artikel bringen eine frische Ansicht auf Themen insbesondere zur Nachhaltigkeit, Klimapolitik usw. die man in anderen Publikationen eher nicht so findet: die Autorinnen und Autoren „teilen die Ansicht, dass Nachhaltigkeit keine Frage des individuellen Konsums, sondern vor allem eine Frage der globalen Strukturen und Solidarität ist. Für uns heisst Journalismus, uns zu wehren, auf Missstände aufmerksam zu machen und immer wieder aufzuzeigen, wie unsere Gesellschaft auch eine andere sein könnte.“
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