Es ist mir momentan alles ein Bisschen zu viel. Zu viele Bilder, zu viele Eindrücke, zu viele Tote, aber auch zu viel Solidarität, Hoffnung und gute Menschen, die Gutes tun. Jedes Mal, wenn ich wieder eine Seite zum Thema Flüchtlinge aufschlage – auch Positive, wie die Berichterstattung über den „March of hope“ –  habe ich erneut Tränen in den Augen.

Schon seit über einer Woche lese ich in der Facebook-Gruppe #bloggerFuerFluechtlinge mit und bin überwältigt von all den Aktionen und Ideen und der Kraft, die sich da fast selbständig entwickelt und die nichts aufzuhalten weiss. Vielleicht die Zeit, wer weiss wie es weitergehen wird, wenn statt des Enthusiasmus des Augenblickes dann ein langer Atem gefragt sein wird. Die Kriege in Syrien und das Elend in Afrika verschwinden ja nicht einfach nach ein paar Wochen.

Bis jetzt habe ich nichts zum Thema Flüchtlinge geschrieben, weil ich gar nicht wusste, was ich dazu noch beitragen soll, was nicht schon hundert und einmal gesagt worden ist.

In der Schweiz läuft der Wahlkampf und mehrere Parteien versuchen, das „Asylchaos“ zu thematisieren, das hier scheints herrschen soll. Der Blick zu unseren Nachbarn Deutschland und Österreich, aber auch Italien, Ungarn und Griechenland straft die Chaos-Rufer Lügen. Hier bei uns geht (noch?) alles geordnet und gesittet zu und dass noch mehr geht, wissen wir spätestens seit den frühen neunziger Jahren, als die vielen Menschen aus Bosnien und dem Kosovo hier in der Schweiz Schutz suchten. jedenfalls ist die Stimmung während den letzten zwei Wochen gekippt und statt „Asylskeptikern“ nach dem Mund zu reden ruft sogar die Zeitung mit den fünf grossen, roten Buchstaben danach, Menschen auf der Flucht mit Sach- oder Geldspenden zu helfen. Auch in der Schweiz ist eine Solidaritäts- und Hilfswelle angerollt, die unsereins pragmatische Pessimisten nur noch mit offenem Mund staunen lässt.

Letzte Woche dann die Bilder mit den toten Kindern. Erst das Album mit den Wasserleichen, das unter dem Titel „Graveyard Mediterranean“ auf Facebook die Runde machte und innerhalb eines halben Tages von den Betreibern gelöscht wurde und dann vorgestern und gestern das Bild des dreijährigen Aylan aus Syrien, der in seinem roten T-Shirt und blauen Hosen an einen türkischen Strand gespült wurde und dort wie schlafend liegt. Das Foto wurde viral und verbreitete sich innert Stunden in sämtlichen sozialen Netzwerken und auch in der Presse. Es traf die ganze westliche Welt voll ins Herz. Nicht als politisch denkende Menschen, sondern als Eltern hat es uns unvorbereitet das ganze Elend vor Augen geführt und manchen von uns den Boden unter den Füssen weggezogen. Diesen Horror vor Augen zu führen – ein kleines Kind tot – das rüttelt nicht auf, das lähmt, das macht handlungsunfähig und trifft so stark, dass mensch schwer wieder aufstehen kann und so tun, als wär nix. schrieb Katja von Krachbumm.

So tun, als wär‘ nix, geht nicht mehr. Drum lasst uns wenigstens etwas Sinnvolles tun, Geld spenden, Kleider, Hygieneartikel und Spielsachen, Briefe an Politiker schreiben, uns gegen Waffenexporte einsetzen. Halt ein jedes, was es kann.