Es ist November, der Hochnebel klebt tief an den Flanken des Chaumonts und sieht aus, als würden wir in den nächsten Wochen die Sonne nicht zu Gesicht bekommen. Genau das richtige Wetter also, um auf dem Sofa unter der Faserpelzdecke zu kuscheln, Duftlämpchen aufzustellen und Bilderbücher zu erzählen. Allen voran natürlich, passend zur Jahreszeit und zum Wetter, die Geschichte von Frederick, der Maus.
Die Geschichte
Die Feldmäuse sind fleissig. Für die kommende kalte Jahreszeit sammeln sie Tag und Nacht „Körner, Nüsse, Weizen und Stroh“. Nur Frederick sitzt faul herum und arbeitet nicht mit. Er liegt in der Herbstsonne, starrt auf die Wiese und träumt vor sich hin.
Als der Winter lang wird, erfahren die Mäuse dann die Vorteile von Fredericks „Vorräten“ an Sonne, Farben und Geschichten und mit ihrer Hilfe werden die letzten Wochen des Winters erträglich werden.
Was meint die Zielgruppe?
Der Klassiker „Frederick“ aus dem Jahr 1967 ist eine dieser Geschichten, bei denen Kurzer einfach zuhört. Wer ihn kennt, weiss, was das heisst: Er ist fasziniert, verzaubert, eingesunken in die Geschichte, so tief dass er sogar zu fragen vergisst, weshalb und warum diese und jene Maus das tun, was sie halt tun und warum nicht anders und überhaupt, wie funktioniert denn das und wieso wird es kalt und warum haben die keinen Traktor mit Anhänger…
Mein Vielfrag(*) vergisst zu fragen! Das allein sagt schon alles.
Das Fazit von uns Eltern
Nun, wie soll ich sagen. In der aktuellen Lebensphase unseres Sohnes versuchen wir, ihm die Tugenden des Zusammenarbeitens beizubringen, die Werte des Arbeitens und des Sparens… und Leo Lionni sabotiert diese Anstrengungen mit einem der „nervigsten Bilderbuchprotagonisten aller Zeiten“, wie Frau Gminggmangg ihn mal nannte.
„Der abgehobene, faule Sack, der statt die andern beim Schuften zu unterstützen, träge in der Sonne liegt und das auch noch so glaubhaft schönreden kann, dass das dümmliche Fussvolk verblendet schweigt.“
Natürlich lieben wir Frederick, den Träumer, den Künstler, den Wortvirtuosen!
Gerade in einer Zeit, wo schon Vierjährige in der Vorschule auf ihre spätere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hin abgecheckt und diesbezügliche Defizite medikamentös und therapeutisch behandelt werden, sind Geschichten wie jene der träumerischen Künstlermaus besonders wertvoll.
Musik, Bilder und Geschichten gehören zu den Fertigkeiten, über die wir Menschen meines Wissens als einziges Tier überhaupt verfügen (ausgenommen natürlich die Kaninchen aus Watership down) und ich nehme mit Besorgnis wahr, wie auch die schönen Künste mehr und mehr wirtschaftlichen (vermeintlichen) Zwängen unterworfen werden.
Im Schulunterricht laufen sie nur noch als letzte Priorität, weil Malen und Geschichten erzählen können keine Fähigkeiten sind, die „die Wirtschaft“ später brauchen kann. Wie kurz ist das gedacht! Einzig die Kreativität von Freigeistern wie Frederick, der „faulen“ Feldmaus wird die Probleme lösen können, die dank „der Wirtschaft“ auf die Erde und alles, was das kreucht und fleucht (inklusive der Menschheit selber) zukommen werden. Pflegen wir also unsere Fredericks, geben ihnen Raum und lassen sie ihre Geschichten sammeln. Denn wenn der Winter lang wird, werden wir sie brauchen.
„Und während Frederick so von der Sonne erzhälte, wurde den vier kleinen Mäusen schon viel wärmer.“
Edit: Frau Brüllen ist anderer Meinung als ich und hat einen köstlichen Rant darüber geschrieben: Frederick, der faule Sack!
Edit vom 20.12.2022: Beim Raussuchen der Buchhändler-Links ist mir aufgefallen, dass es unterdessen unzählige „Frederick“-Merch gibt. Vom Glückstagebuch über T-Shirts, Spardosen und zahlreichen Sequels und Fanfiction. Irgendwie schade.
Fussnote: „Vielfrag“ ist ein wunderbar passendes, von Percanta erfundenes Wort, um einen vierjährigen Fragling zu bezeichnen.

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Klappentext
„Der Winter naht. Alle Feldmäuse arbeiten Tag und Nacht, sammeln Körner und Nüsse, Weizen und Stroh. Alle – bis auf Frederick. Er sammelt Sonnenstrahlen, Farben und Wörter – das sind seine Vorräte für die kalten, grauen und langen Wintertage.“
Leo Lionni
Frederick
Übersetzt von Günter Bruno Fuchs
Beltz & Gelberg
ISBN 3-40-777-040-5
Empfohlen ab 4 Jahren

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Frederick ist auch bei uns eines der Lieblingsbücher – von Den Kindern, Eltern und GroÃeltern!
Frederick ist auch bei mir stets mitdabei 🙂