Nils Pickert philosophiert im Wir Eltern Blog über die Geheimnisse, die unsere Kindheit versüssten. Machen nicht Geheimversteck, Geheimsprache, Geheimclubs und mit Freunden und Freundinnen geteilte Geheimnisse, aber auch heimlich genaschte Süssigkeiten oder Regelbrüche einen Teil der Nostalgie aus, die wir beim Zurückerinnern empfinden?
Gerade die Tatsache, dass unsere Eltern bis heute nicht alles wissen, was wir damals so trieben, macht einen Teil des Geheimnisses der Kindheit aus. Nils beschreibt das in seinem Text sehr schön.
Aber es gibt auch die anderen Geheimnisse. Die Heimlichkeiten, Bösartigkeiten, die man als Kind – bereits im Wissen, dass es falsch war – verbockt hatte aber aus Angst vor der Strafe nie zu beichten gewagt hatte. Und trotzdem tief im Inneren gehofft hatte, man würde erwischt, dann hätte man die Strafe einkassieren, auf die Eltern wütend sein können, aber man wäre wenigstens das nagende schlechte Gewissen los gewesen, das einem bei den unpassendsten Gelegenheiten an die „Verbrechen“ erinnerte und einem die kleinen Freuden vermieste. Ich konnte beispielsweise lange Schokolade nicht mehr geniessen, nachdem ich mal eine ganze Tafel alleine gegessen und meinen Geschwistern nichts davon abgegeben hatte. Ich fühlte mich mies und schuldig deswegen, aber noch mehr wegen der Lüge der Mutter gegenüber: „Ich war’s nicht“.
Später dann gab es auch Geheimnisse, die einem von Anderen anvertraut wurden und die manchmal schwer wiegen konnten. Aus Loyalität zum Freund hielt man den Mund – und schadete genau dadurch dem Freund mehr, als wenn man geredet hätte. So erfuhr ich nicht nur welche meiner Freundinnen schon Sex hatte, sondern auch wer abtreiben musste. Noch schlimmer waren die Folgen bei einem Klassenkameraden, der mir anvertraute, heimlich mit harten Drogen zu experimentieren und einem anderen Freund, mit dem ich während unserer existentialistischen Phase nihilistische Diskussionen führte ohne mir darüber im Klaren zu sein, dass er schwer depressiv war.
Diese Art von Geheimnissen fangen irgendwann an, sich zu Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen zu verdichten und an einem selber zu nagen.
Ich wünsche mir sehr, das mein Sohn, wenn er je in ähnliche Situationen gerät, den Mut finden wird, zu mir zu kommen und sich mir anzuvertrauen, damit er mit dem schweren Rucksack nicht alleine dastehen muss. Darauf versuche ich hinzuarbeiten, indem ich auf eine gute Beziehung zu ihm achte, ihn als Person respektiere und für seine Fehler nicht verurteile sondern vielmehr dabei helfe, nach einem Weg zu suchen, sie wieder gut zu machen.
Denn wenn man damit zu lange wartet, gibt es eines Tages nichts mehr, was man gut machen könnte.
Genauso geht es mir! Das, was ich mir am meisten wünsche, ist dass meine Tochter immer zu mir kommen wird, wenn sie Probleme hat, etwas Tolles erlebt hat oder einfach mit jemandem sprechen möchte. Ich wünsche mir, dass die Beziehung zu meiner Tochter inniger wird als es meine zu meinen Eltern war..
Ich habe meiner Vierjährigen bereits beigebracht, dass ein Geheimnis nur ein gutes ist, wenn es kein Bauchweh macht und sich gut anfühlt. Wenn einem von Geheimnissen schlecht wird, dann kann man es – wer auch immer – nennen, wie man will, dann darf man es verraten. Sie hat das gleich verstanden und ich hoffe, sie wird es sich immer merken.
Wirklich schade wegen der pingbacks @wireltern. Aber du hast Recht. Nächste Woche kommt dann ein Text von mir zu dem „anderen“ Geheimnis der Kindheit: Denn die Kerseite von „Jemand liebt mich und ich habe ein Geheimnis“ ist leider allzu oft: Jemand benutzt mich und zwingt mich dazu, es vor anderen geheim zu halten.
In diesem Sinne LG
Nils
Geheimnisse zu haben kann toll sein, ja, aber nicht immer! Es gibt die tollen, schönen und guten Geheimnisse, aber leider auch die anderen – die schlechten :(. Ich will, dass sich meine Kinder – egal was ihnen widerfahren ist, egal was sie angestellt haben – immer und überall zu 100% uns Eltern anvertrauen können, ohne Angst haben zu müssen! Mich würde es das Herz zerreissen, fänden die Kinder den Mut nicht mir ein „Geheiminis“, eine Erfahrung, ein Erlebnis zu verraten :(.
Wie versprochen:
https://blog.wireltern.ch/artikel/das-andere-geheimnis-der-kindheit/
LG
Nils
Vielen herzlichen Dank für die Verlinkung, das Lob und die Antwort!
Liebe Katharina,
sehr gerne und keine Ursache. Wenn du dir schon die Mühe machst, deinen Text unter meinem zu verlinken und darauf Bezug zu nehmen, dann kann ich mir auch das kleine bisschen Mühe machen, auf dein Blog zu verweisen. Bei Artikeln oder Kolumnen mache ich das nie, weil die Erfahrung zeigt, dass dort nie irgendetwas richtiggestellt oder vertieft werden kann. Zumindest meine Erfahrung 🙂
Aber Blogs sind für mich immer eher ein Gesprächsangebot. Das zu machen und dann zu sagen „Nee, ich mag nicht reden!“ wäre irgendwie doch ziemlich seltsam.
LG
Nils