Dieser Text erschien in gekürzter Fassung auf dem Blog der Zeitschrift „Wir Eltern“.
Er ist des Teufels, der Speck, der sich seit meinem Entschluss Mama zu werden auf meinen Hüften und Rippen angesammelt hat. Während nur drei Jahren hat er sich – bzw. mich – langsam, aber unaufhaltsam breit gemacht.
Allein während der Kinderwunschzeit stieg der Schokoladenverbrauch exponentiell, aber damit muss man ja auch rechnen, wenn man mit Rauchen aufhört.
Dann kam die Schwangerschaft. Fünf Kilo in drei Monaten zu Beginn, steigerten sich auf ein Kilo pro Woche in der Mitte der Schwangerschaft. Die Frauenärztin riet zur Fressbremse, aber man soll ja nicht etwa abnehmen, wenn man schwanger ist. Die Schokoladenphase wich einer Birchermüesliphase, so frass ich mich wenigstens gesund dick und rund.
Während des Stillens nehmen ja alle Frauen ganz viel ab. Da kam es also auf das eine Nutellabrötchen und andere Schokoladenmuffin nicht drauf an. Über ein Jahr Stillzeit verteilt, landeten wohl an die 10 Kilo davon auf meinen Hüften und meinem Hintern.
Meine Frauenärztin riet zur Diät. Also Google angeworfen, sich über Diäten informiert. Überall kann man lesen, dass Diäten ungesund sind: Da nimmt man danach das Doppelte von dem, was man abgenommen hat, gleich wieder zu. Diesem Risiko wollte ich mich natürlich nicht aussetzen. Die Resultate des einen oder anderen Backexperiments verdrückend, surfte ich stundenlang im Netz nach Alternativen.
Nach wochenlangem Nachdenken kam ich zum Schluss, dass nur noch vermehrte Bewegung etwas gegen das Schwabbeln zwischen Bauchnabel und Knien ausrichten könne. Einmal ging ich schwimmen. Danach war ich so hungrig, dass ich in der Kantine des Schwimmbades an die 1000 Kalorien in Form von Fetten und Kohlenhydraten zu mir nehmen musste, um nicht einem Schwächegefühl zu erliegen.
Als Freiberuflerin kann man sich ja nicht stundenlang ins Fitness absetzen und überhaupt: Wer schaut derweil zum Kind? Die teure, sich am Mund abgesparte Krippenzeit muss zum Geld verdienen genutzt werden. Sportliche Tätigkeiten müssen also viertelstundenweise dem normalen Alltag abgetrotzt werden, irgendwann zwischen Klo putzen, Wäsche aufhängen und Betten machen.
Da sah ich diese Werbung für ein neues Fitnessprogramm, eines, das Spass machen soll. Da ich gerne tanze, kaufte ich mir die DVD und schaute sie mir ein paar Mal an. Der Kurze liebte sie und hampelte vor dem Bildschirm herum, während ich vor Lachen kaum mehr Luft bekam. Nach vier oder fünf Mal war sie nicht mehr ganz so amüsant, seither steht sie einsam zwischen dem „Superbuch der Trennkost“ und einem Anderen über fettreduzierte Eintöpfe und setzt Staub an.
Dann wurde es schon wieder Herbst: Geburtstag reihte sich an Geburtstag, zwischen Oktober und Weihnachten abnehmen zu wollen wäre bei uns vergebene Liebesmüh, verschwendete Anstrengung!
Nach den Weihnachtsgelagen schliesslich startete ich einen neuen Anlauf: Ich googelte nach Begriffen wie „Wintersport mit Kindern“. Fürs Schlittschuhlaufen und Skifahren ist mein Sohn noch zu jung. Schlitten fahren wäre wohl eine gute Alternative, bei der ich zu Bewegung käme und der Kurze zu Sonne und frischer Luft. Perfekt!
Da ich auf meine Zeit für mich alleine bestehe und ausserdem dringend mal meine E-Mail-Inbox aufräumen musste, schickte ich an einem sonnigen Tag schon mal Vater und Sohn mit dem Schlitten los, um herauszufinden, ob der Kurze etwas damit anfangen konnte. Kaum hatte ich gemütlich geduscht, den PC hochgefahren und mir einen Cappuccino aufgegossen, erreichte mich der Telefonanruf des Erziehungsberechtigten, ich möchte mich bitte bereit halten, wir müssten mit dem Kurzen zum Röntgen in den Notfall. Der diagnostizierte Beinbruch bewies, dass Schlittenfahren für unsere Familie auch nicht die geeignete Sportart ist.
Nun sitze ich mit gipsbeinigem Kleinkind in der Wohnung fest und die einzige Bewegung, die ich bekomme sind die Finger, die über die Tastatur fliegen, während ich das schreibe. Aus der Küche weht der Duft einer neuen Versuchsreihe von Apfel-Zimt-Vanille-Muffins herüber. Den Spaziergang vom Büro in die Küche, um sie aus dem Ofen zu nehmen, werde ich in der Abnehme-Software unter „Fitness“ verbuchen.
Ihr seht, ist es mir momentan wirklich unmöglich, etwas gegen den Mamaspeck zu unternehmen. Im Frühling, ja im Frühling werde ich die Sache anpacken!
Danke Rita Angelone für Deine Hilfe bei diesem Text!
Vielen, vielen Dank für diesen wunderbaren Text, ich habe mich an so vielen Stellen wiedergefunden… unglaublich schön, nicht allein zu sein. 🙂
oh ja, das ist ein schrecklicher Kreislauf – für mich war abends ohne Kohlehydrate die Erlösung.