Dieser Artikel ist Teil der Blogger Themen-Tage zum Thema „Einfach Sein“ von Quergedachtes.
Ich wurde mit 37 zum ersten Mal schwanger. Als „alte Mutter“ wurde ich schon in der Kinderwunschzeit und frühen Schwangerschaft mit dem Thema Behinderung konfrontiert: „Seid ihr sicher, dass ihr das Risiko eingehen wollt?“ wurden wir mehr als einmal gefragt.
Schon bei der ersten Vorsorgeuntersuchung hat uns meine Frauenärztin ans Herz gelegt, alle zur Verfügung stehenden pränataldiagnostischen Tests machen zu lassen. „Wozu?“ fragten wir, da eine Abtreibung keine Option gewesen wäre. Natürlich hofften wir auf ein gesundes Kind – aber im gegenteiligen Fall hätte sich an unserem Wunsch, genau diesen kleinen Menschen kennen zu lernen, nichts geändert. Wir machten schliesslich den Ersttrimestertest mit Nackenfaltenmessung. Die Wahrscheinlichkeit für die gängigen Gendefekte war so gering, dass wir auf weitere Abklärungen verzichteten.
Beim geplanten Kaiserschnitt lief einiges schief: Kurzer hatte die Lungen voller Fruchtwasser, benötigte eine Atemhilfe und wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt, das eine Neonatologie-Station hatte. Als langsam in mein von den Medikamenten vernebeltes Gehirn durchdrang, dass er überlebte, wich die Angst vor dem Sterben der Furcht, dass etwas von der Geburt und der Untersättigung zurückgeblieben sein könnte. Die erste Nacht im Wochenbett verbrachte ich noch halb auf Morphium, das mir neben krabbelnden Nebenwirkungen auch Angstfantasien bescherte mit Erinnerungen an Kinder, mit denen ich aufgewachsen war, die „bei der Geburt nicht genug Luft hatten“, wie im Dorf hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde, und deshalb „ein Bisschen komisch“ waren.
Ich musste mein Kind sehen, es berühren, riechen, fühlen, auch wenn ich vor Schmerzen noch nicht aufstehen konnte. Im Rollstuhl wurde ich gleich nach dem Frühstück auf die Neo gefahren. Mein Baby sah furchtbar aus: Aufgequollen lag es da, gelb im Gesicht, voller Haare, und „Pffft-pffft“ des CPAP-Geräts übertönte die anderen Geräusche der Station. Ein junger Arzt stürzte sich wie eine weiss angezogene Krähe auf mich und nuschelte etwas von „dysmorph“ und „Anomalien“ und „Gentest“ und überhaupt brauche er die Resultate der Fruchtwasseranalyse, die wären bei den Unterlagen nicht dabei. „Ich habe keine gemacht“, stammle ich, völlig überfahren. Ich musste mir einen Vortrag darüber anhören, wie verantwortungslos unsere Entscheidung gewesen sei und dass sie die Ärzte nun daran hindere, meinem schwer kranken Kind zu helfen. „Ich will das jetzt nicht hören“ weinte ich los. An Schuldgefühlen mangelte es sowieso nicht: Die eine oder andere Zigarette, die ich mir zu Beginn der Schwangerschaft nicht hatte verkneifen können, zu wenig Bewegung, ungesunde Ernährung, die Hustenmedikamente im März – all das könnte Schuld sein daran, dass mein Kleiner nicht richtig atmete.
Die herbei eilende Kinderkrankenschwester jagte den Assistenten weg und fragte, ob ich noch ein wenig bleiben möchte, sie würde mir die Ärzte vom Leib halten. Ich blieb neben meinem Baby sitzen und wusste so gar nicht, was ich tun sollte. Ich traute mich kaum, es zu berühren. Die Gedanken fuhren Karussell und – sehr ungewohnt für mich – ich schaffte es nicht, sie zurück auf Kurs zu bringen. Zwei Sachen waren mir klar: Ich wollte dieses Geschöpflein kennenlernen, das da vor mir lag, und ich war nicht fähig, wichtige Entscheidungen zu treffen.
Schliesslich vereinbarte ich für den Nachmittag, wenn mein Partner anwesend sein konnte, eine Sitzung mit dem Chefarzt und dem behandelnden Arzt. Danach zog ich mich auf mein Zimmer zurück und hörte Evanescence.
Da sassen wir nun an einem runden Tisch. Auf einer Seite wir Eltern – ich im Schlafanzug – und gegenüber sassen mehrere Weisskittel. Dazwischen die Krankenschwester, die mich am Morgen vor dem übermotivierten Assistenzarzt beschützt hatte.
Erst musste der sich bei mir für sein Verhalten am Morgen entschuldigen. Er stammelte etwas von Sprachproblemen und Sorge um das Baby. Obwohl er zerknirscht wirkte, brodelte es in meinem Innern.
Dann ging es erst richtig los: Sie müssten unbedingt den Grund herausfinden, weshalb Kurzer das Fruchtwasser in den Lungen hatte, und woher all die „Anomalien“ kämen. Die Liste sei lang… und dann zählten sie all die Punkte auf… das alles könnten entweder individuelle Besonderheiten sein – oder aber Hinweise auf eine ernsthafte genetische Erkrankung (immerhin konnte er den Punkt „keine familiäre Ähnlichkeit“ abstreichen, nachdem er den Kindesvater gesehen hatte). Alles knapp innerhalb der Grenzwerte aber in der Menge suspekt. Und in Anbetracht einer vorhandenen – harmlosen – körperlichen Besonderheit war offensichtlich der Jagdtrieb der Herren Mediziner geweckt worden. Die aufsteigende Wut vertrieb die Wolken aus meinem vernebelten Gehirn:
„Ist er noch in Lebensgefahr?“, unterbrach ich den Sermon des Assistenten, indem ich mich direkt an den Chefarzt wandte.
„Nein“
„Haben sie einen konkreten Verdacht?“. Ich sah ihm direkt in die Augen.
„Nichts Spezielles, man kann nicht sagen, dass die Anzeichen auf etwas Bekanntes hindeuten…“
„Sie wissen also nicht was sie suchen, aber suchen einfach so lange weiter, bis sie etwas gefunden haben“. Das war eine Feststellung.
„Was würde passieren, wenn wir gar nichts tun?“
„Wahrscheinlich überhaupt nichts – aber…“
„Wenn keine Lebensgefahr und kein dringender Handlungsbedarf besteht, dann lassen sie mein Kind in Ruhe!“
Ich stemmte mich am Tisch hoch. Für mich war das Gespräch hiermit beendet.
Eine solche Wut hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie erlebt. Unser kleiner Krieger hatte Infusionen an Händen und Füssen, hing verkabelt am Monitor, das Atemgerät auf dem Gesicht, die Magensonde im Mundwinkel und diese Vampire wollten aus reiner Neugierde noch mehr Löcher in ihn hinein stechen, um ihm noch mehr Blut abzuzapfen. Ich war so wütend auf die Situation und diese Männer, dass ich in dem Moment alles hätte kurz und klein schlagen können. Ich hatte das „Bonding“, die emotionale Bindung zu meinem Sohn, die sich normalerweise während des Geburtsvorganges einstellt, bisher nicht fühlen können. Aber in dem Moment am Tisch mit meinem Mann und den Ärzten fühlte ich, dass diese Handvoll Mensch auf unsere Hilfe und unseren Schutz angewiesen war und wir ihm die Geier vom Hals halten mussten!
Wir verweigerten die verlangten weiterführenden Gen- und Bluttests. Zerknirscht rauschten die Götter in Weiss von dannen, nur die Kinderkrankenschwester grinste uns über die Schulter zu.
Als unser kleiner Krieger zwei Wochen nach seiner Entlassung aus der Neonatologie einen Atemstillstand hatte, stellte sich heraus, dass sie das wichtigste Problem – die vorhandene Fehlbildung des Kehlkopfes – tatsächlich übersehen hatten! Erstaunlicherweise hatten sie jedoch bei den darauf hinweisenden Symptomen abgewiegelt und behauptet, die würden sich auswachsen. Der Defekt wurde in einem anderen Krankenhaus operiert und in den langen Wochen der Heilung in unserem Kantonsspital konnten die Ärzte einen Teil des verlorenen Vertrauens wieder herstellen.
Nun hätte alles gut kommen können… wenn da nicht immer das kleine Angstteufelchen immer mit dabei gewesen wäre, das Kurzen mit Argusaugen beobachtete und mir bei jeder noch so kleinen Abweichung vom Euro-Norm-Standard-Verhalten eines Babys seines Alters ins Ohr flüsterte: „Anomalie!“
Wie schon bei seiner Geburt ist Kurzer bei allen Standarduntersuchungen immer anderswo, als er sein sollte, aber immer knapp innerhalb der Kurve. Jedes Mal wieder: Räuspern, „hmmmm“, Blick in die Papiere, „aha, hmmmm“, und „Sie dürfen ihn nicht mit anderen Kindern vergleichen“.
Aber natürlich verglich ich und machte mir Sorgen. Fragte mich, ob von der Geburt oder dem wochenlang andauernden tiefen Sauerstoffsättigung etwas zurückgeblieben war oder ob wir doch diese Gentests hätten durchführen lassen sollen. Ich konnte zeitweise meinen Sohn kaum ansehen, ohne dass es mir von Angst und Sorgen innerlich alles zusammenzog.
Kurzer war – nachdem er keine Schmerzen mehr hatte und richtig atmen konnte – ein aufgestelltes, fröhliches Baby, etwas schüchtern, aber ein ganz lieber Kerl mit einem wunderbaren Sinn für Humor, der sich schon früh manifestierte. Langsam verschwand meine Angst und machte dem Akzeptieren seiner Eigenheiten Platz.
Aber bei jeder Kontrolle tauchte dieses oder jenes auf und sofort hiess es von Ärzteseite her wieder: „Das müssen wir im Auge behalten…“. Und jedes Mal kroch mir die altbekannte Angst spinnengleich das Rückgrat hoch, um sich in meinem Gehirn festzusetzen. Aber jedes Mal konnte ich sie erwischen und mit purer Gedankenkraft zerquetschen.
Seither sind Wochen, Monate und Jahre ins Land gezogen. An Stelle der Angst ist das Bewusstsein getreten, dass es gar nicht wichtig ist, ob Kurzer bei manchen Entwicklungs-Meilensteinen vorauseilot oder hinterherhinkt. Wichtig ist, ob er zufrieden ist, ob es ihm gut geht und unsere Familie ist wichtig. Der Rest ist Nebensache. Es gibt keinen Wettlauf, wer als erstes frei gehen, sprechen, auf den Topf gehen oder Meccanomaschinen bauen konnte.
Wenn von seiner traumatischen Geburt und den atemlosen Wochen danach etwas zurückgeblieben sein sollte, werden wir es erfahren und dann wird es immer noch früh genug sein, um sich zu sorgen.
Statt uns über eine ungewisse Zukunft den Kopf zu zerbrechen, versuchen wir, unserem Sohn starke Wurzeln und einen gesunden Boden, in dem er wachsen kann, zu geben. Und wenn ihm eines Tages Flügel gewachsen sind, werden wir hoffentlich den richtigen Zeitpunkt finden, um ihn loszulassen, damit er fliegen kann.
Weitere Artikel zum Thema Krankenhaus
- Antoinette Rychner: „wo auch immer wir sind“ (Erzählung)
- Ein Gedanke, ein liebes Wort und ein kleines Bärchen zum richtigen Zeitpunkt
- Ein Segen: Unsere Zeit auf der Neonatologie
- Flashback
- Gestern vor einem Jahr
- Hauptsache Gesund: Was ist ausser der Angst sonst noch zurückgeblieben?
- Tür 4 – Weihnachtsgedanken am Kinderbett | Nieselpriem
- Wer bezahlt den Dolmetscher im Spital?
Danke für den tollen Text! Genau diese Fragen gingen mir zu Anfang meiner jetzigen Schwangerschaft (mit 40) auch durch den Kopf. Auch ich habe letztlich auf eine Fruchtwasseruntersuchung verzichtet und bin nun guter Hoffnung, dass alles gut gehen wird.
Dir und dem Sohnemann alles Liebe und Gute,
Micha
das wird es! Alles Gute und viel Freude mit em Minimonster, wenn es dann gesund und munter da ist! LG Claudia
Habe mein fünftes Kind im gynäkologisch greisen Alter von 42 bekommen.
Uns war bekannt, dass es ein besonderes Kind werden könnte.
Da wir unser Kind aber nicht geplant sondern eher zufällig hm angsetzt haben, haben wir den weiteren Gang der Dinge der Biologie, also der Natur überlassen.
Bezüglich einer möglichen „Besonderheit“ fühlten wir uns mit unserer Erfahrung, unserer Kraft und Verbundenheit stark genug, dies als Aufgabe wahrzunehmen.
Unser Jüngster kam zwei Tage nach Termin spontan & kerngesund zur Welt.
Er ist und bleibt das „Besonderste“ von insgesammt sieben Kindern:
Er erinnert und täglich daran, dass das Leben kostbar, aufregend und lebendig ist.
Besonders Dein letzter Satz hat mich tief beührt: Erst wenn Du mit Deinem Kind dort ankommst, dass Du ihm seinen Weg lässt -wann und wohin auch immer dieser führen mag- liebst Du Dein Kind wirklich.
Ganz, ganz liebe Güsse Dir !!
Geier, Krähen, Vampire – das sind die Vokabeln, die mir aufgestoÃen sind in diesem Artikel. Denkst du nicht, dass die Ãrzte versucht haben, ihr bestes zu tun? Was, wenn es eine Fehlbildung doch gegeben hätte und die übersehen worden wäre? Würdest du das dann gelassen sehen? Ich wette, dass jedenfalls die weit überwiegende Mehrheit der Eltern dann aufgeschrien hätte. Insofern verstehe ich nicht, wem du hier was vorwirfst.
Der Vorwurf lautet: Totale Unsensibilität in Anbetracht des emotionalen, körperlichen und biochemischen Ausnahmezustandes, in dem sich wir Eltern befanden. Der zweite Vorwurf lautet: Mit unlauteren Mitteln Druck machen für überflüssige Untersuchungen, nur und wirklich nur um die Forscherneugierde der Ãrzte zu befriedigen. Ich finde es inakzeptabel, dass Eltern ein Kind, das auf der Grenze zwischen Leben und Tod steht, gegen ihre Ãrzte verteidigen müssen, nur weil die etwas gesehen haben, das ihren Forscherdrang angestachelt hat. Wir sprechen hier nicht über nötige Untersuchungen, wo man hätte schnell entscheiden müssen oder wo das Leben des Kleinen auf dem Spiel stand. Sondern über unnötige Untersuchungen, wo kein Zeitdruck bestanden hat.
Zweitens: Die tatsächlich vorhandene und fast fatale Fehlbildung am Kehlkopf, auf die viele Symptome hingedeutet haben, haben sie tatsächlich übersehen. Aber mit den vorgeschlagenen Gentests hätte man nicht nach Fehlbildungen gesucht, sondern nach eventuell vorhandenen genetischen Krankheiten. Die problematischen Verwachsungen am Kehlkopf hätte man damit nicht entdeckt.
Unsensibilität – von mir aus. Aber dass es sich um „reinen Forscherdrang“ gehandelt haben muss? Nein, das sehe ich auch nach nochmaligem Lesen nicht.
Dann habe ich es offenbar schlecht beschrieben.
Es ist absolut unüblich, ohne konkreten Verdacht das ganze Programm an Tests auf mögliche genetische Erkrankungen zu machen.
Ein sehr schöner Text. Und sehr gelungen.
Ich hab inzwischen zwei Sichtweisen. Ich hab Reproduktionsbiologie studiert und den PhD in Embryonic Development mach ich grad fertig. Ich hab aber auch ein Kind bekommen und mit viel Glück geht es uns heute sehr gut. Wir haben damals unsere Tochter auf eigene Verantwortung von der Neointensiv mit nach Hause genommen. Sie war im Grunde nach einer Woche so weit, aber die Ãrzte wollen sie noch zur Beobachtung dabehalten. Wir sind vom Fach und verstehen, was die ganzen Geräte genau messen. Also konnten uns die Ãrzte nicht damit Angst machen. Dennoch fand ich die Neointensiv-Woche nicht berauschend. Man hätte da jetzt auch nix verpasst, wenn man da noch nie war.
AuÃerdem habe ich gleich 2 Kolleginnen, die sich jahrelang mit PID im Ausland rumgeschlagen hatten auf Grund der Familiengeschichte. Gar nicht schön.
Ich möchtet Medizinern nichts vorwerfen. Aber für sie ist jeder andere ein Patient. Auch die Schwangere. Das ist nicht besonders hilfreich.
Mutter und Kind sind so lange gesund, bis das Gegenteil bewiesen ist. Und auf Teufel komm raus einen ‚Fehler‘ zu suchen ist Ermässenssache – der Eltern.
Persönlich muss ich sagen, ich hätte nie gedacht, dass mich das so umhaut, aber mit Kind hat man auf einmal mehr zu verlieren, als man sich vorstellen kann. Die erste Schwangerschaft ist schon nicht so einfach…
Ich habe nichts gegen Mediziner, überhaupt ganz und gar nix. Ohne die moderne Medizin wären Kurzer und ich schon während der Geburt exit gegangen.
Mich hat nach der Geburt vor allem die Art und Weise gestört, wie sie an uns heran getreten sind. In so einer Situation (ein KS ist kein Sonntagsspaziergang sondern eine Operation am offenen Bauch!) wäre meines Erachtens ganz besonders viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen gefragt.
Und dann halt später die Sache mit den Meilensteinen etc., die sind ja auch total zufällig gesetzt und ich habe die immer als sehr verunsichernd empfunden. Und die entscheiden dann so, ob ein Kind „etwas richtiges“ hat oder ob es einfach „nur dumm und langsam“ ist (um es pointiert auszudücken! ich verwende diese Begriffe selbstverständlich nicht!) Frei gehen muss ein Kind hier bei uns bis 18 Monaten. Meiner ging aber mit 18 Monaten und 2 Tagen frei. Mit 2 Jahren muss ein Kind 30 Wörter aktiv sprechen – meiner konnte aber nur 20 Wörter, dafür in zwei Sprachen und verstand vier Sprachen. Ja was nun? Wieso lässt man die Kinder nicht einfach sich nach ihrer Eigenart, ihrer Interessen- und Begabungslage und ihrem eigenen Tempo entwickeln, ohne sie zu vermessen und in Normschachteln zu stecken?
Liebe Katharina, ich kenne dich nun schon so lange und auch schon recht gut und kann deine Worte, deine Emotionen richtig einordnen. Zumal auch ich eine traumatische erste Geburt hatte, dabei ging es auch um âzu wenig Sauerstoffâ bekommen, aber auch um mich, die dabei fast gestorben ist. Ich kann nachvollziehen, was du, was Ihr alle mitgemacht habt und es tut mir leid, dass da nicht mehr Empathie an den Tag gelegt wurde seitens der Aerzte. Aber auch mir sind die scharfen Bezeichnungen etwas schräg reingekommen und du hättest sie mir ebenfalls kritisiert 🙂
Ohne jemals vergessen zu können, was damals passiert ist, sollten wir einfach nur noch nach vorne schauen und froh sein daüber, dass wir einigermassen gesund und munter leben â Mutter wie Kind. Und Vater natürlich auch!
Herzgruss aus Zürich und eine ganz feste Umarmung von deiner virtuellen Freundin!
Liebe Rita, auch Dir herzlichen Dank für Deine Worte!
Wir hatten ja in der Folge noch die Gelegenheit, die betreffenden Leute besser kennen zu lernen (wir waren später nochmal 6 Wochen auf der Kinderstation) und nachträglich haben sie uns recht gegeben: Weitere Bluttests wären unnötig und überflüssige Quälerei des Kleinen gewesen. Sobald die Oedeme nach 2 Tagen verschwunden gewesen waren, war Kurzer ein sehr hübsches Bébé und ihre Befürchtungen eines genetischen Defekts relativierten sich sehr schnell.
Der Chefarzt hat übrigens unsere Entscheidung gegen diese Tests ohne weitere Diskussionen akzeptiert! Nicht dass da ein falsches Bild aufkommt. Meine Wut richtet sich wirklich ausschliesslich gegen die unangebrachte Art und Weise, wie der Assistenzarzt mich überfahren hat und wie sich die vereinigte Kinderärzteschaft von der Rippensache hat begeistern lassen und unbedingt herausfinden wollte, ob das etwa auf eine bekannte Genkrankheit hinweisen könnte oder einen Zusammenhang haben könnte.
Der Assistenzarzt wohnte übrigens gleich im Nachbarort und es war seine zwete Arbeitswoche gewesen. Wenn wir ihn im Coop kreuzten, fragte er jedesmal wie es seinem „besonderen Schützling“ ging und er freute sich über die Forschritte von Kurzem.
Und wie gesagt: Die „krassen Ausdücke“ benutze ich, um meine Wut auszudücken, die in diesen Momentan das Einzige war, was mich überhaupt auf den Füssen hielt. Kannst Dir ja vorstellen nach dem Blutverlust und der schlaflosen Nacht…
P.S. https://de.wikipedia.org/wiki/Metapher 😉
Liebe Katharina, auch mich haben deine Worte sehr beührt und ich wünsche euch weiterhin ganz viel Spaà und Freude mit dem Kurzen.
ICH kann deine harschen Worte sehr gut nachvollziehen, ich hätte die Krankenschwester erwürgen wollen, als sie meinem (unauffälligen, normal geborenen) Kind einfach nur normal Blut abnehmen wollte. Wie muss es dir bzw. euch da erst gegangen sein… unvorstellbar!
LG Claudia
Dieser Text hat mich an unsere Wochen auf der Fühchenstation erinnert.
Zum Glück habe jch Haare auf den Zähnen und ein jur. im Titel. Das lãÃt Ãrzte besonnen werden.
Da mein Kind äuÃerlich nichts äuÃerlich Erkennbares hatte und ein Geburtsgewicht von knapp über 1500 g kamen wir nicht in den Genuss von besonderer Beachtung und mussten uns von den “ das wächst sich aus“ Ansagen , gefolgt von “ überängstliche alte Mutter“ bis später zu dem “ warum haben Sie nicht schon längst….-Vorwurf“ vorarbeiten.
Auch ich habe keine pränatale Diagnostik gemacht und würde jederzeit wieder so entscheiden.
Heute haben wir eine prächtige Pubertistin, die ihr Leben auf eine ganz eigene , bewundernswerte Weise bewältigt.
Dein Text hat mir sehr gut gefallen. Ich wünsche euch alles Gute.
Auch ich fühle mich an unsere Neo-Zeit erinnert. Hier hatten wir eine Krankenschwester, die extrem unsensibel und dabei hyperperfektinistisch war und meinen Mann wegen einer Nichtigkeit fast den Kopf abgerissen hat. Wir nannten sie dann Schwester „Drill-Sergeant“ oder Schwester „Rabiata“. In manchen Situationen half echt nur noch Galgenhumor. Fast schlimmer war die ganz liebe nette junge Schwester, die vor lauter Schulwissen den Rauperich mit der Magensonde so überfütterte, dass er alles erbrach. Dieses ganze „er muss jetzt mal von seinem 3 auf einen 4 Stunden Rhythmus kommen“, „er muss aber soundsoviel trinken“ obwohl er stetig zunahm und sich toll entwickelte kann ich bis heute nicht verstehen. Oft vergessen Ãrzte und Krankenschwestern da, dass das alles Menschen und keine Maschinen sind, die nach Lehrbuch funktionieren.
Aber man muss auch sagen, dass da ganz viele tolle Krankenschwestern und Ãrzte waren, die immer wieder auf den Boden der Tatsachen runterholten und Mut machten.
Kann dich gut verstehen. Gerade die Zeit nach der Geburt ist ja hormonbedingt sehr emotionsgeladen. Sich da mit sowas noch rumschlagen muss eigentlich nicht sein…
Ich kannte eure „Geschichte“ ja schon, und dennoch hat sie mich beim Lesen gerade wieder erschaudern lassen. Leider kommt das Lernen über den richtigen Umgang mit Patienten in der Ãrzteausbildung viel zu kurz, und wer das nicht einfach so „im Gefühl“ hat, der verhält sich dann leider oft falsch. Meine Mutter hat das damals bei meinem todkranken Vater erlebt, meine Schwester und ich dann bei unserer todkranken Mutter. Wir haben aber zum Glück auch sehr mitfühlende und herzliche Ãrzte erlebt. Man wünscht sich mehr von diesen.
Ja, die ganze Pränatal Diagnostik kann sowohl Fluch als auch Segen sein. Leider mussten wir ähnliche Erfahrungen machen – wenn auch zum Glück im Nachhinein völlig unbegündet. Ich finde du hast einen guten Weg gefunden, damit umzugehen.
Liebe Katharina, ich bin per Zufall auf deinen Blog gestossen und habe deinen Artikel mit viel Interesse und Tränen in den Augen gelesen! Ich habe zwei Kinder im Alter von 35 und 38 Jahren erhalten, fühlte mich gottlob wie 25 und hatte zum Glück eine supertolle Ãrztin und eine noch bessere Hebamme! Beim ersten Kind bestand in der 34 SSW der Verdacht auf einen Tumor oder Zyste am Kopf, darum musste ich für einen speziellen Ultraschall ins benachbarte Kantonsspital. Da wurde ich behandelt wie eine Schwerkranke, ich war extrem verunsichert, hatte Angst um den kleinen Wurm und betete einfach nur noch das alles gut geht. Man riet mir ab sofort jede Woche einen Ultraschall zu machen, obwohl nichts festgestellt wurde. Dank meiner erfahrenen Hebamme (sie war schon bei meiner eigenen Geburt dabei) fand ich schnell zu meinem gewohnten Gottvertrauen zuück! Sie sagte den Ãrzten sie sollen aufhören mir Angst zu machen, da das Kind in wenigen Wochen eh zur Welt komme und laut Spezialultralschall sei das Kind kerngesund. Zudem benötige ich meine Energie für die bevorstehende Geburt und nicht um mir unnötig Sorgen machen! Ich bin ihr heute noch dankbar, dass sie sich so für mich eingesetzt hat. Unser Kleiner kam dann mit elf Tagen Verspätung kerngesund zur Welt. Die elf Tage Ãbertragung waren zwar nochmals eine aufreibende Zeit, da die Ãrzte einleiten wollten (und ich nicht), aber wir sind stark geblieben! 🙂
Dein Kleiner kann ganz stolz sein, dass er so eine starke Mama hat, die sich so für ihn eingesetzt hat! Ich wünsche euch viel „gfreuts“ für euren Lebensweg! Und ich werde sicher wieder bei dir reinschauen. Es ist spannend mitzulesen. Ich bin selber eine Bloggende Mama, aber mehr über Kreatives, als Ausgleich zu meinem Alltag! 🙂
Herzliche Güsse Paula
Eure Entscheidungen finde ich sehr gut. Heutzutage wird so lange gesucht, bis bei jedem eine Fehlentwicklung gefunden wird, die dann behandelt werden muss. Und anschlieÃend wird über die überängstlichen und verunsicherten Eltern geschimpft.
eine sehr beührende geschichte, danke fürs teilen!!! hatte gänsehaut beim lesen.
Liebe Katharina, nach langer Pause (März-Oktober!) eine ganz vorsichtige Frage, auch auf die Gefahr hin, deine eigentliche Absicht nicht verstanden zu haben:
Hätte es eventuell nicht auch Vorteile gehabt herauszufinden was deinem Kurzen fehlte? Zum Beispiel eine gute Behandlung vermeidbarer EInschränkungen?
Ich freue mich, dass es euch allen jetzt gut geht.
Viele liebe GüÃe,
Mary aus Köln
Liebe Mary,
Atemnotsyndrom bzw. Fruchtwasser auf der Lunge ist die häufigste Komplikation bei Kaiserschnitten und meistens gibt es keine andere Ursache als den Kaiserschnitt selber.
Gentests erlauben leider keinen Aufschluss daüber, ob Sauerstoffmangel unter/nach der Geburt zu Schäden geführt hat. So oder so, es hat weder damals noch seither irgend welche Hinweise auf eine genetische Erkrankung oder Behinderung gegeben.
Wow, Hut ab vor Deiner vehementen Reaktion am „runden Tisch“. Da hattet ihr ja einen echt harten, kämpferischen Start ins Familienleben. Ich finde Dein Verhalten im positiven Sinn sehr mutig. Gut, hast Du Dich für Deinen Sohn eingesetzt <3