Sagt eine andere Person „nein“ zu einem, muss man das ohne Wenn und Aber respektieren, denn es bezeichnet die persönliche Grenze dieser Person. Sie ist mir keine Rechenschaft schuldig, es reicht wenn sie „nein“ sagt. Würde ich mich darüber foutieren, käme ich mir in gewisser Weise übergriffig vor.
Mit der gleichen Selbstverständlichkeit erwarte ich natürlich, dass meine eigenen „neins“ ebenfalls respektiert werden. Bittet mich jemand um etwas und ich sage „nein“, dann habe ich meine Gründe dafür. Das ist auch dann wahr, wenn ich sie nicht nenne. Wird das vom Gegenüber nicht respektiert, empfinde ich das als Angriff auf meine persönliche Integrität und gehe entsprechend in die Defensive.
So weit, so gut.
Zur Zeit bin ich aber mit einem dreijährigen Neinsager konfrontiert. Alles ist „nein“. Erst beim dritten Nachfragen wird das „nein“ manchmal zum „ja“ (manchmal auch nicht). Das Nein-Sagen ist Teil der Autonomiephase. Das Kleinkind wird zur Person und fängt an, sich von seinen Eltern abzugrenzen. Das läuft viel darüber, dass es seine eigenen Grenzen kommuniziert:
„Bis hierher und nicht weiter.“
„Ich will selber bestimmen.“
„Ich tu was Du sagst aber nicht weil Du es sagst sondern weil ich es will.“
Aber auch:
„Ich will das wirklich nicht.“
„Es ist mir unangenehm.“
„Ich will das jetzt selber machen.“
„Ich will nicht dass du das für mich tust.“
„Lass mich in Ruhe.“
Und all das lässt sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: NEIN!
Damit umzugehen, erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl. Es gibt ein paar wenige Situationen, wo ich beschliesse, Zwang anzuwenden statt sie auszusitzen. Dabei sträubt sich alles in mir, ich tu es wirklich nur sehr, sehr ungern.
Sonst, und das ist der Normalfall, fange ich an zu verhandeln. Auch Dreijährige sind nicht doof und sie sind auch Argumenten nicht abgeneigt: Man muss nur a) den richtigen Moment, b) die richtigen Argumente und c) den richtigen Tonfall erwischen.
- Der richtige Moment: Es macht absolut keinen Sinn, während eines Trotzanfalles oder wenn das Kind übermüdet, hungrig oder durstig ist, mit ihm Verhandeln zu wollen. Nur wenn der Zuckerspiegel einigermassen oben ist, lohnen sich Diskussionen. Und während eines Anfalles ist es so mit Adrenalin geflutet, dass es exakt genau gar nichts aufnehmen, geschweige denn kognitiv weiter verarbeiten kann.
- Die richtigen Argumente: Gewisse Dinge interessieren ein Kleinkind, andere sind ihm egal oder gehen über seinen Horizont hinaus. Man muss das Kind in seinem eigenen Erleben und Fühlen ernst nehmen, es „dort abholen, wo es ist“, sonst ist die Diskussion zwecklos. „Papa muss arbeiten gehen, weil wir sonst kein Essen kaufen können“ ist für ein Zwei- oder Dreijähriges zu abstrakt, das kann es nicht erfassen. Aber „Papa muss arbeiten gehen weil sonst der Chef mit ihm schimpft„, das kann es verstehen. Schimpfen kennt es. Trotzdem wird es natürlich traurig oder wütend darüber sein, dass Papa nicht mit ihm spielt, aber immerhin kann es die Realität dahinter verstehen und damit akzeptieren lernen.
- Der richtige Tonfall: Kindliches Gebrüll durch lauteres Erwachsenengebrüll übertönen zu versuchen ist zwecklos. Zweckmässiger ist es, das Kind ausweinen zu lassen und ihm danach in normalem Tonfall und Lautstärke die Situation zu erklären.
Oh. Und bevor ich’s vergesse: Sogar wenn man alles richtig machen könnte, hiesse das noch lange nicht, dass das Kind auch alles widerstandslos hinnehmen würde. Aber bei aller Konfrontation ist so doch der gegenseitige Respekt gewahrt.
Und darum geht es doch schliesslich in Beziehungen, oder?
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Katharina, ich würde gerne mitdiskutieren, aber irgendwie bin ich befangen…. 🙂
….. und schlichtweg unfähig, nicht auch zu büllen – aber das weisst du nun längst.
Mit fünf Jahren ist die Ausgangslage dann schon wieder eine ganz andere, als mit Drei. Ich denke, das kann man nur bedingt vergleichen. Ist ja wahnsinn, was die in zwei Jahren für Entwicklungsspünge machen. Und mit zwei Kindern stelle ich es mir um einiges schwieriger vor, als mit einem. Da macht Nr. 2 immer schon neuen Seich während man sich grad noch mit Nr. 1 beschäftigt, oder?
Unabhänging von allem, was ich schreibe oder sage: Auch wir kennen diese destruktiven Tage wo ich mir sage, eigentlich müsste ich es besser können – und dann trotzdem von Morgens bis Abends rumbülle. Aber mein eher ruhiger Charakter (manche nennen es phlegmatisch 🙂 ) hilft mir halt schon, einen Anschein von Gelassenheit zu simulieren, wo mir schon lange der Senf in die Nase steigt.
Oft merke ich recht schnell wenn wir uns gegenseitig hochschaukeln und wenn ich es merke, kann ich die Bremse ziehen. Aber das ist dann Ãbungssache. Und wie gesagt: mit einem ist es einfacher.
Ja, genau so ist es! Bin ich zum Beispiel mit dem Grossen (oder umgekehrt) beschäftigt, heckt die Kleine (oder der Grosse) bereits wieder irgend einen Blödsinn aus… Noch besser: bin ich mit Haushalten, Waschen oder sonst was beschäftigt, dann geben die beiden Wildsäue Vollgas mit „Seich machen“… Und gleichzeitig beiden Kindern und deren Bedürfnissen immer gerecht zu werden und dies noch ruhig, besonnen und gelassen, ist für mich – eine temperamentvolle Halb-Tessinerin immer wieder ein grosse Herausforderung, die ich aber sehr gerne annehme. Und ich denke, dass ichs meistens gar nicht sooo schlecht hinkriege ;). Jedenfalls gebe und tue ich jeden Tag mein Bestes (habe ich zumindest das Gefühl) :D!
Gestern:
keine Knete mehr ich muss jetzt kochen..
nein, nein, nein
Das die Fernbedienung aus mehreren Teilen besteht wusste ich bereits, noch nicht aber dass die Chinoise Gabeln mühleos im Parket stecken bleiben..
und spätestens wenn wir uns gegenseitig anbüllen, dass wir die Kinder nicht anschreien sollten,
frage ich mich ob ich wohl ein guter Papi bin und wünschte Katharina wär da
*lol*
Besser wissen heisst nicht besser können 🙂
Ganz egal, ob umsetzbar oder nicht. Ich finde Thematik und Aufbau des Artikels genauso wie seine Schreibweise lesenswert. *daumen hoch*