Manche Bücher blättert man erst mal durch und denkt sich: „Naja“. Dann legt man sie unbeeindruckt wieder weg. Wenn man sie später zur Hand nimmt, fallen einem plötzlich Details auf, man kommt ins Nachdenken, und auf einmal sieht man die Vielschichtigkeit, die man auf der ersten Blick gar nicht gesehen hatte. „Ludwig I., König der Schafe“ ist ein solches Buch.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Die Schafe sind am Grasen, da weht der Wind eine blaue Papierkrone an und der Schafbock Ludwig setzt sie sich auf. So wird aus dem Schafbock Ludwig I,, König der Schafe. Ludwig I. tut Dinge, die sich für einen König gehören: Er sucht sich ein Zepter, einen Thron und ein königliches Bett; spricht zu seinem Volk, lässt königliche Gärten anlegen, geht zur Grosswildjagd, empfängt Botschafter der anderen Tiere und Künstler. Er lässt die anderen Schafe aufmarschieren und will schliesslich nur noch die schönsten Schafe in seiner Nähe haben und schickt die anderen weit weg.
Am Ende kommt ein Windstoss und bläst die Krone – und mit ihr die ganze königliche Würde – wieder weg. Und die Schafe grasen weiter.
Was meint die Zielgruppe?
Kurzer (6 Jahre) findet es lustig, was der König alles macht:
Witzig ist, dass die anderen Schafe einfach weiter grasen wenn er sich wichtig macht. Aber es ist gemein wo er sie wegschickt und deshalb geschieht es ihm recht, dass die Krone wieder weg fliegt.
Mein Fazit
Das Thema „Macht“ und der Umgang mit ihr ist vordergründig das Thema des Buches. Darüber lässt sich mit einem Vorschüler auch gut diskutieren.
Daneben kommen aber noch andere Fragen auf, zum Beispiel ob eine Krone tatsächlich aus einem Schaf einen König machen kann, oder ob ein Schaf ein Schaf bleibt, auch wenn es sich als König verkleidet („Kleider machen Leute“-Thema).
Was macht jemanden zum Anführer, wenn alle gleich aussehen? Nur ein äusserliches Zeichen wie die Krone? Wer bestimmt, was das ist? Nach welchen Kriterien wird er oder sie ausgewählt?
Dann haben Kurzer und ich noch ausgiebig darüber diskutiert, ob man Macht immer behält, wenn man sie einmal hat. Oder ob sie einem auch auf genau die gleiche Weise wieder genommen werden kann, wie man sie selber bekommen hat. Dass es vielleicht schlauer gewesen wäre, wenn Ludwig I. seine Untertanen so behandelt hätte, wie er selbst hätte behandelt werden wollen. Denn die Retourkutsche folgt auf dem Fuss… (beim mehrmaligen Lesen und genau Betrachten fällt einem übrigens auf, dass der Wolf nicht erst am Ende auftaucht, sondern von Anfang an auf seine Gelegenheit wartet)
„Ludwig I., König der Schafe“ ist auf den ersten Blick eine einfache Geschichte mit humorvollen Bildern. Erst beim mehrmaligen Ansehen zeigt sich einem die Tiefe des Buches.
Ich empfehle es gerne allen, die vielschichtige Bilderbücher mit viel Diskussionsstoff mögen.
Steckbrief
„Durch einen Windstoss kommt Ludwig das Schaf ganz unverhofft zu einer blauen Krone. Und damit auch zu königlichen Würden. Vorbei sind die Zeiten, in denen Ludwig noch auf der Wiese graste. Jetzt ist er Ludwig I., König der Schafe. „
„Ludwig I. König der Schafe“
Olivier Tallec (übersetzt von Thomas Bodmer)
NordSüd Verlag AG, Zürich, 2015
ISBN 978-3-314-10308-7
Empfohlenes Alter: ab 5-7 Jahre (Kindergarten, Basisstufe)
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