Diese Laufräder machen wir meine Heidenangst!

Schon vor 35 Jahren habe ich aus nächster Nähe erlebt, was ein genügend verrückter Bub damit anstellen kann. Denn – glauben Sie es oder nicht – mein kleiner Bruder hat die Dinger erfunden. Er muss da so ungefähr fünf gewesen sein. Sein kleines Kinderfahrrad war vom vielen Gebrauch kaputt, die Stützräder völlig verbogen und das eine Pedal abgeschert. Mein Vater – ich vermute, dass er es war – hat schliesslich die Pedale abmontiert: Das Laufrad war erfunden. Kleiner Bruder nannte es „Töff“(1) und war glücklich. Wann immer er konnte, verdünnisierte er sich fortan aus der schwesterlichen Aufsicht und ging auf Töfftour.
Grosse Schwester und ich waren damals so um die 12 oder 13 Jahre alt und hätten Besseres und Wichtigeres zu tun gehabt, als jede schulfreie Minute auf den Zwerg aufpassen zu müssen. Entsprechend motiviert kamen wir dieser Aufgabe nach und entsprechend oft erfuhr meine Mutter von einer besorgten Nachbarin per Telefon, dass Kleiner Bruder wieder mal ausgebüxt war und mit dem kleinen, blauen Fahrrad diese oder jene Strasse runtersauste.
„Dänu isch ab“, „wo isch eure Brüetsch“ oder „göht Dänu go sueche“ waren Befehle, die danach durchs Haus gebrüllt zur – nach dem Hüten – zweitmeist gehassten Freizeitbeschäftigung von Grosser Schwester und mir wurde. Winter und Sommer, jahrein jahraus stürchelten wir durchs idyllische Dorf auf der Suche nach unserem fugitiven Brüderchen.
Natürlich versuche ich, diese Erfahrungen nicht in meine eigene Elternschaft einfliessen zu lassen. Wie sehr sie mich aber trotz allem geprägt haben merke ich an so kleinen Dingen wie einem geschenkten Laufrad. Es stand für mich ausser Frage, für Kurzen so ein Teil anzuschaffen. Kommt! Nicht! In! Frage!
Seit dem Frühjahr holten unsere Bekannten und Nachbarn mit grösseren Kindern ihre verstaubten Laufräder aus Estrichen und Kellern und drängten sie uns regelrecht auf. „Kurzer muss das lernen, sonst wird er nie Radfahren können!“ (2) So oft uns jemand ein Laufrad anschleppte, so oft lehnte ich das Angebot dankend ab. Unser Dorf ist zwar klein, im Gegensatz zu dort, wo ich aufgewachsen bin, hat es jedoch mehr als Kühe und Traktoren: Es gibt Haupstrassen, eine Autobahn, ein Schloss mit Verteidigungsrampe und Schlossmauer, und anderweitig geht es nur hoch oder runter. Untauglich schon für Räder und für bremsenlose Laufräder sowieso!
Dann aber, nachdem Kurzer bei einem Campingausflug mit Bekannten deren Buben fast ein Auge ausgekratzt und ihn fast zu Brei geschlagen hätte, um sich dessen Like-a-bike auszuleihen(3), hatte der Lange dann genug von meinem Zögern und fragte die Nachbarin, deren Rad ich mehr als einmal abgelehnt hatte, ob dieses noch zu haben sei.
Danach vergingen weitere Wochen, die als „Helmkrieg“ in die Familiengeschichte eingehen werden.
Seit vorgestern nun ist auch der Helm kein Thema mehr und Kurzer saust auf seinem Laufrad durch die Prärie als gäbe es kein Morgen.
So kanns gehen!
(1) Motorrad
(2) Wie haben wir es denn in den 70er Jahren gelernt?
(3) Ich begann an der Effizienz gewaltfreier Erziehung zu zweifeln!
Hihi, die Geschichte mit deinem Bruder ist witzig! Er hätte viel Geld verdienen können!
Wie ich in den 70er-Jahren velofahren gelernt habe? Puh, mit diesen doofen Stützrädern und dann mit zig Mal auf die Nase fallen, als die Räder weg waren. Ich finde die Laufräder ein Segen, denn so lernen die Kinder das Gleichgewichtsgefühl schon füh und (zunächst mal) mit geringerem Tempo und ohne sich aufs Treten konzentrieren zu müssen. Ich hätte einfach nie und nimmer ein Like-a-bike haben wollen für unsere Kids, denn ohne Bremse hätte ich Todesängste auszustehen. Beide Kinder haben mit zunehmendem Tempo gelernt, die Bremse am Lenker zu nutzen, und so ist die ganze Sache ziemlich sicher, auch in der Nähe von Hauptstrassen. Und dass Nando mit der Bremse gelernt hat umzugehen war dann für den Umstieg aufs Velo super – er hat nur noch das Treten dazulernen müssen, was ratz-fatz ging, und los gings. Und zwar sicher, da er wusste, wie er zu bremsen hatte….
ich war vor acht jahren soooo neidisch auf Almas like a bike und hätte mir sooooo gewünscht, dass es die dinger in den siebzigern schon gegeben hätte…
mein weg zur aufrechten zweiradfahrt war, schmerzlich, steinig, blutig und ich bin noch heute eine die lieber zu fuà geht als das fahhrad herzunehmen, so tief sitzt noch immer die schlechte erfahrung…
so einfach wie die kurze damals auf dem laufrad durch die gegend geflitzt ist, hätte ich es damals auch gerne gehabt und der wechsel aufs fahrrad war gar kein problem… der wechsel aufs einrad noch viel weniger….
die disskussion bezüglich der helmpflicht führe ich derzeit bezüglich der touren auf dem einrad, die gerade hoch im kurs stehen…
am liebsten trägt sie dazu ein schwarzes tütü und glitzer-t-shirt, zu diesem outfit (oder doch eher kostüm??) „geht ein helm ja mal gar nicht mama, das ist ja nur noch uncool… warum verstehst du das denn nicht?!?“
es wird eben nicht unbedingt besser… nur anders…;)