Es gibt gewisse Themen, die werden ohne aktuellen Anlass im Internet nach oben gespült, machen Furore und versinken dann wieder im Nirvana. Vielleicht angeregt durch die zahlreichen Spielwarenkataloge, hyped zur Zeit das Thema „Mädchenspielzeug“.
So nervt sich Nathalie Sassine über „Genderspezifische Nixkönner“, während die Schlimme Helena in „Willkommen Mr. Pink“ die These aufstellt, Spiele würden das Rollenverhalten von Kinder nicht beeinflussen, sondern ausschliesslich das elterliche Vorbild. Vom Werden und Sein legt nach und schreibt in „Mädchen können nicht rechnen und Piratenbücher sind nur was für Jungs“, dass es ja vor allem andere Mädchen/Frauen seien, die Sätze wie der Titel ihres Artikels von sich geben.
Beide Bloggerinnen stammen aus relativ liberalen Elternhäusern und kamen dem entsprechend mit solchen Bemerkungen erst relativ spät in Kontakt. Und beide kritisieren die Organisation Pinkstinks – und zwar in der besten Derailing-Tradition: Man unterstellt dem Gegner etwas Absurdes und stellt dann klar wie lächerlich das ist. Ja, es wäre tatsächlich lächerlich zu glauben, Spielsachen seien der einzige Sozialisationsfaktor. Und ja, es wäre auch lächerlich zu denken, durch ein Verbot von pinken und rosa Spielsachen würde Diskriminierung und Geschlechtsrollenverhalten wunderbarerweise vom Planeten verschwinden. Beide Annahmen wären in der Tat absurd.
Ich für meinen Teil begrüsse Bewegungen wie Pinkstinks oder Let Toys be Toys, die mit ihrer Arbeit das Bewusstsein dafür wecken, dass die Aufteilung von Spielsachen in „Bubenspiele“ und „Mädchenspiele“ die Wahl- und somit Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder schon im Kleinkindalter einschränken und sich dafür einsetzen, dass Spielzeughersteller und -händler die Waren nach Interessengebieten anbieten, statt nach Geschlechtern.
Ich bin überzeugt, wir alle können dabei nur gewinnen, wenn Stereotypen hinterfragt und alte Verhaltensmuster aufgebrochen werden! Oder mit den Worten von Ava Amira Weis (His and Hers – von Geburt an):
Dies kann ein erster Schritt sein. Doch das eigentliche Problem sind die eingefahrenen Rollenvorstellungen, die in unserer Gesellschaft immer noch vorherrschen. Eltern trauen sich meistens nicht, ihren Kindern Spielzeug zu kaufen, welches eventuell nicht ins Bild passt. Ein Autoteppich für die Tochter scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein und eine Meerjungfrau-Barbie für den Sohn erst recht.
Wie verankert diese Denkweisen auch heute noch sind, zeigt ein Blick in die zahlreichen Elternforen im Internet. „Was soll ich einem 3-jährigen Jungen zum Geburtstag schenken?“ wird dort gefragt, und „womit könnte ich einem 2-jährigen Mädchen Freude bereiten?“
Solche Fragen sind keine Seltenheit. Ja himmelnocheins! Das sind richtige, echte Personen mit Interessengebieten und Vorlieben. Das sind nicht „ein Mädchen“ oder „ein Junge“, sondern echte Menschen, Individuen, Unikate, und keine uniformen Klone aus nur gerade zwei, untereinander identischen Bauformen!
Deshalb meine Bitte an Euch, bevor Ihr Weihnachtsgeschenke kauft: Lernt die Person kennen, der ihr ein Geschenk kaufen möchtet und schaut Euch an, wofür sie sich interessiert oder was sie sich wünscht. Denn dann punktet ihr und findet das eine Geschenk, mit dem ihr ihr eine Freude machen könnt.
Das heisst: Sofern man es denn findet. Was mich zu meiner Schlussfrage führt:
Weiss zufällig jemand von Euch eine Bezugsquelle für rosa Bettwäsche mit Lightning McQueen Aufdruck? Und etwas mit Pferden aber nicht in so typischen „Mädchenfarben“?
Liebe Katharina,
ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen hast du meine Worte schon, denn was meines Erachtens nach hauptsächlich Frauen sagen, geht aus deinem kleinen Teaser zu meinem Beitrag nicht hervor und hatte in diesem auch sehr wenig mit Pinkstinks zu tun.
Hier stimme ich dir übrigens uneingeschränkt und aus vollstem Herzen zu: „Ich bin überzeugt, wir alle können dabei nur gewinnen, wenn Stereotypen hinterfragt und alte Verhaltensmuster aufgebrochen werden!“
Ganz soweit sind wir – glaube ich – gar nicht auseinander. 😉
Liebe GüÃe
Tina
Ich wollte nicht Deine Aussage verdrehen. Ich habe versucht, es ein wenig klarer zu machen: Passt es so besser?
Ja, jetzt stimmt der Kontext. Danke dir!
Meine Töchter spielen mit Barbie und Flugzeugen, kochen und bauen, schauen sich Bücher über Dinosaurier und Prinzessinnen an und bei uns heiÃt es nie „das ist für Mädchen/Jungen“ sondern „das ist für Kinder“. Und dennoch sagt meine GroÃe seit dem Schulbeginn oft „Das ist nix für Mädchen“ oder „das können Mädchen nicht“ und bringt mich damit immer wieder dazu, mich entsetzt zu wundern und zu fragen, wo sie das her hat! Ich möchte nicht, das meine Töchter glauben, sie könnten oder dürften irgendetwas nicht, weil sie Mädchen sind! In mir sträubt sich alles, wenn ich mit diesen Aussagen konfrontiert werde und ich erkläre und versuche, diese Aussagen in den kleinen Köpfen ungeschehen zu machen. Aber ich sehe dabei, dass es völlig egal ist, mit welchem Spielzeug sie Zuhause spielen – es ist viel wichtiger, ihnen ein vernünftiges Weltbild vorzuleben und zu erklären, ihre Fragen zu beantworten und zuzuhören. Denn „da drauÃen“ sind so viele Einflussfaktoren abseits von Spielsachen, die die kleinen Menschen formen und beeinflussen, dass mir pinke Bauklötze ziemlich egal sind!
Ich wünsche dir viel Erfolg bei der wahrscheinlich erfolgslosen Suche nach rosa Ligthning McQueen Bettwäsche und nicht rosa Pferdesachen. Leider sieht das Marketing sowas wohl nicht vor 🙁
Schöne GüÃe, Barbara
Genau das ist der Punkt, spätestens im Schulalter geben die Freunde vor, mit was gespielt werden darf.
Als mein Sohn klein war, hatte er die komplette Kollektion von baby Born und hat sich heimlich mit seiner Freundin treffen müssen, damit er spielen konnte.
Ich habe das immer unterstützt und wurde dafür von anderen Müttern belächelt, es ist einfach in den Köpfen so drin?
Meine Tochter bekommt zu Weihnachten eine riesengroÃe Autogarage, weil sie sehr gerne mit Autos spielt, mal sehen, ob die Zeiten sich geändert haben und wir wieder blöde Kommentare hören.
Ich wünsche viel Erfolg beim der Suche nach der Bettwäsche. Wir haben auch lange nach einem Puppenbuggy ohne Rosa, Glitzer, Feen oder sonstigem Gedöns zu finden. Sohnemann schiebt darin sein Kümelmonster spazieren und hat SpaÃ.
Durch Zufall bin ich auf den Eintrag gestoÃen und fühle mich mehr als geehrt, das Zitat von mir hier zu lesen. Dankeschön!