Wenn ich das Wort nur schon wieder lese, kommt mir ein saures Görpsli hoch!
Als Westeuropäerinnen haben wir das Privileg, das riesengrosse Privileg, in diesem Bereich praktisch absolute Wahlfreiheit zu haben. Wir dürfen stillen, aber wir müssen nicht.
Selbstverständlich belegt Studie um Studie, dass an der Art und Weise, wie die Natur, Gott oder die Evolution (chose your favourite!) die Sache mit der Babyernährung eingerichtet hat, kaum mehr etwas zu verbessern gibt: Sie stellt das Optimum dar. Aber dank moderner Lebensmitteltechnologie müssen Kinder, die aus welchem Grund auch immer nicht mit Muttermilch, sondern mit Kunstmilch ernährt werden, kaum mehr Nachteile in Kauf nehmen. Für viele westeuropäische Mütter bedeutet dies die Freiheit vom Zwang, um jeden Preis stillen zu müssen. Andere, wie die französische Feministin Badinter, gehen sogar so weit zu behaupten, dass erst „die Freiheit vor dem Stillen“ die Basis für echte Emanzipation ist.
Nur vor zwei Generationen bestand auch in Europa keine wirkliche Wahlfreiheit: Wer nicht stillte, musste Schafs- oder Ziegenmilch zufüttern, was wie wir wissen zwar für Lämmer und Zicklein, nicht aber für Menschenbabys die optimale Ernährung darstellt. Auch heutzutage kann 90% der Weltbevölkerung nicht wirklich wählen, denn es steht weder das Geld für erstklassige Formelmilch, noch sauberes, für Säuglinge geeignetes Trinkwasser zur Verfügung. Nicht grundlos empfiehlt die WHO in Entwicklungsländern das Stillen bis zwei oder drei Jahre.
Liebe Frauen, wir Mitteleuropäerinnen haben die Wahl. Aber wie jede freie Entscheidung bedeutet Wählen dürfen gleichzeitig auf Wählen müssen. Und dies wiederum bedeutet, dass man für seine Entscheidung einstehen muss. Offenbar, und das irritiert mich etwas, sind viele damit überfordert. Oder was sonst könnte der Grund sein, dass sie nicht laut und deutlich sagen können: „Nein, ich stille nicht und die Gründe dafür gehen dich absolut nichts an“. Stattdessen wird über angebliche „Stillzwänge“ und „Nötigung zum Stillen“ lamentiert, die scheints in so genannt stillfreundlichen Spitälern vorherrschen soll.
Nun denn, solange keine Bussen verteilt, keine Gefängnisstrafen verhängt und keine Frauen mit vorgehaltener Pistole zum Stillen gezwungen werden, freue ich mich weiter darüber, in einem Land leben zu dürfen, wo jede Mutter selber wählen darf, was sie für sich und ihr Kind für das Beste hält.
Also ich finde auch dass jede selber entscheiden soll, trotzdem finde ich, dass Frau dem stillen wenigstens eine Chance geben sollte. Meine Kollegin wollte das partout nicht, das baby vertrug nach etlichen milchpulverversuchen nur ziegenmilch, die man in der ch nicht mal bekommt. Ich persönlich habe leider negative Erfahrungen mit stillgegnern gehabt. Ich wollte unbedingt stillen, trotz Schmerzen, musste immer wieder hören „hör doch auf!“ nicht mal mehr mein Mann stärkte mir den ücken!
Ich selber war in einem stillfreundlichen Spital (mit UNESCO-Label) und habe mit meinem kranken Säugling null, in Worten: 0, Unterstützung erhalten, ich habe gebitti-bättlet bis mir wenigstens jemand mal zeigte, wie ich das Baby anlegen sollte und nach drei Sekunden wurde er mit dem „Argument“ weggerissen „sehen sie, er ist zu schwach dazu“. Auch die Nachsorgehebamme zuhause und die aufgebotene „normale“ Stillberaterin wiegelten ab, „jetzt setzen sie sich doch nicht so unter Druck“ und „Flaschenkinder werden auch gross, machen sie sich keine Sorgen“. Ja hallo?! Ich habe die Leute dafür bezahlt, dass sie uns das Stillen beibringen und nicht, um mir anzuhören, dass Schoppenpulver auch geht (das wusste ich nämlich vorher…). Es hat mir aber auch keine von denen gesagt, wie ich denn alternativ die Milch in den Büsten wieder loswerden könnte!
Erst die LLL-Beraterin (also eine „Kampfstillerin“ der verfehmten „Stillobby“) hat sich dann wirklich objektiv angehört, was ich mir vorstelle, hat mir Vor- und Nachteile erklärt, Alternativen wie Teilstillen etc., und meine Entscheidung ich wolle es wenigstens probieren, ohne Wertung akzeptiert und mir dann geholfen, diese umzusetzen. Nach 6 Wochen pumpen, Muttermilchschoppfen und Geknörze an dder Brust hat der Kurze dann sofort nach seiner Kehlkopf-OP und als er Antra bekam, den Knoten aufgemacht und danach durften wir ganze 11 einhalb Monate lang teilstillen.
Besagten Druck habe ich also eher in die andere Richtung erlebt und auch als ich der LLL-Beraterin mitteilte, ich wolle nicht pumpen um den Rest zu liefern, sondern zum Ergänzen auf Pulvermilch zuückgreifen, hat sie das diskussionslos akzeptiert.
Hallo Kat :)!
Vielen Dank für Deinen super Artikel – er spricht mir einmal mehr aus dem Herzen! Ja, wir haben die Wahl, und daüber können wir froh und dankbar sein. Ich habe meine beiden Kindern während rund drei Monaten voll gestillt, länger konnte ich aus diversen Günden nicht – hätte sehr gerne so lange wie möglich gestillt. Aber eben, mit der Zeit half auch literweise Stilltee nicht mehr. Auch ich habe, zu meinem Glück, in einem stillfreundlichen Spital geboren. Beim Erstgeborenen, Kaiserschnitt wegen BEL, gabs anfänglich Probleme, da Büebu nicht richtig saugte. Dank der guten Betreuung im Spital sowie während der Hebammenbesuche zu Hause klappte es dann doch recht gut. Als Stillzwang habe ich das ganze jedoch nie empfunden – schliesslich war ich ja jene, die sich dafür entschieden hat – und niemand anders ;). Auch ich bin der Meinung, dass die Eltern, insbesondere die Mütter, selber entscheiden sollen, ob und wie lange sie stillen wollen, egal was Krethi und Plethi dazu meinen oder gar sagen und vor allem zu ihrem Entscheid stehen – ohne wenn und aber! Ich kann mir aber schon vorstellen, dass gerade für Mamis, die gerne stillen würden, dies jedoch leider aus irgendwelchen Günden nicht können, „blöde“ und ungefragte Bemerkungen schmerzlich sind. Da gilt für mich, wie bei vielem anderen, das Motto: Leben und leben lassen. Grundsätzlich spielts doch keine Rolle, ob und wie lange ein Baby/Kleinkind gestillt wird – Hauptsache ist, dass dieses kleine Geschöpf mit viel Liebe, Geborgenheit, Wärme, Nähe und Sicherheit durchs Leben hindurch begleitet wird ;).
Super Artikel danke!
Ich hab mit meinen 3 L’s 2 total verschiedene Erfahrungen gemacht! 2x klappte alles einfach total easy und das Stillen war für mich eine Selbstverständlichkeit. Zwar jeweils „nur“ bis ich nach 16 Wochen wieder in meinen Job einstieg, aber trotzdem, ich fands gäbig und gut! Keine doofen Fragen, nix.
Nun bei L3 kam ein ganz starker Reflux dazu. Ich hatte dann von den „Stillmarines“ oder „Kampfstillerinnen“ die Devise erhalten abpumpen, Milch mit Gel oder speziellem Pulver anreichern, dann im Schoppen dem Kind zuführen 😯
➡ ok, beim ersten Kind hätte ich dieses Tamtam (excüsi) noch gemacht, mit 3 Kleinkindern im Hause war das für mich schlicht nicht vorstellbar (3 1/2 und 2 1/2 plus L3) die 2 Grossen hätten mir wohl das gesamte Haus auseinandergenommen wenn ich jeweils für eine L3-Mahlzeit ca. 1 Stunde verblööderled hätte!
Ich hab mich dann dazuentschlossen das Thema Stillen bei L3 zu beenden und auf eine spezielle Reflux Milch umzusteigen!
Bäääääh, die Reaktionen aus meinem Umfeld waren niederschmetternd! Ich müsse es versuchen, dies sei ich meinem Kind doch schuldig, waaaaas du hast abgestillt 😯 das arme Kind, usw. diese Reaktionen gaben mir schon etwas zu denken und ich musste mich etwas abschotten, denn excüsi, ich bin auch nur ein Mensch mit 2 Händen und wer keine 3 Kleinkinder im Hause hat, soll sich hüten mir zu sagen, wie ich was zu machen habe 😳
Mittlerweile nach etwas mehr als 3 Monaten akzeptieren es alle ohne „dummes Gschwätz“ 😉
Ich war einfach total erstaunt wie die Gesellschaft und unser Umfeld diese Handlung kommentierte und mich auch verletzten 😳
Hui, da krieg‘ ich gleich selber Reflux, wenn ich so was lese.
Jetzt wär’s natürlich interessant zu erfahren, wer besagte „Kampfstillerinnen“ und „Stillmarines“ waren, denn offenbar haben die dir Bockmist erzählt. Kurzer und ich waren ja in derselben Situation und pumpen, andicken und zuschöppelen wurde mir von der „herkömmlichen“ Laktationsberaterin auch empfohlen. Mit dem Nestargel-Pulver muss man die Milch aber zum Andicken so erhitzen, dass fast alle positiven Eigenschaften der Muttermilch dabei drauf gehen – da wäre es ja ein Witz, den ganzen aufwand auf sich zu nehmen für so wenig Wirkung!
Da hat mir aber dann die Präsidentin des deutschen Elternverbandes Refluxkinder e.V. (www.refluxkinder.de) geschrieben, dass Refluxkinder ebenfalls „normal“ gestillt werden können: Das Glibberzeug im Voraus anmachen, mit der Spritze oder einem Löffel in den Mund geben und danach normal stillen. So haben wir es dann auch gemacht. Da aber Lews Reflux so stark war, dass ihm alles wieder oben raus lief, habe ich dann trotzdem immer halb gestillt und halb AR-Schoppen zugefüttert. Das ging dann nicht schlecht.
Aber es ist schon ganz klar: Mit mehr als einem Kind wäre das schon rein von der Logistik her nicht machbar gewesen; Eine Milchmahlzeit konnte auf diese Weise locker mal bis zu einer Stunde dauern. Auch „nach Bedarf“ stillen wäre mir jetzt viel zu umständlich gewesen und nach sechs Monaten, als der Schweinegrippewinter langsam ausklang und das Wort „Pseudokrupp“ nicht mehr so rot leuchtend am Horizont stand, habe ich nur noch morgens und abends gestillt und dazwischen gab’s Schoppen oder dann bald auch schon Füchte- und Cerealienbrei.
Danke für all die Beiträge! Erwarte im März mein zweites Kind. Hab erstes Kind „nur“ knapp 4 Monate voll gestillt mit ach und krach und abpumpen. Der Kleine brauchte pro Mahlzeit 45-60 min. um dann nach ca. 1 Stunde wieder hunger zu haben! Hab dann zugefüttert und dabei ein total schlechtes Gewissen gehabt! Jetzt hab ich schon Albträume, wie das beim zweiten Baby werden wird, da ja der erste dann erst 21 Monate alt wird! Aber dieser Beitrag mit allen Kommentaren geben mir jetzt Mut! Herzlichen Dank!
Hui, eine Dreiviertelstunde. Das ist lang für eine Stillmahlzeit!
War bei ihm medizinisch alles in Ordnung? Unsere eigenen Erfahrungen sind nur bedingt teilbar, weil Kurzer so schwere Schluckprobleme hatte (es war bei ihm vor seiner Operation mehr oder weniger Zufall, ob die Milch im Magen oder in den Bronchien landete).
Ich habe mir auch immer gesagt, falls es noch ein Geschwister geben würde, dann ginge ich mit mehr Gelassenheit in die Stillerei rein: Jeder Tropfen zählt, gerade am Anfang! Ich würde versuchen mich auf all die Milch zu konzentrieren, die ich ihm geben könnte, statt der nachzuweinen, die ich zufüttern müsste. Aber manchmal ist das einfacher gesagt als getan.
Jeder sollte selbst entscheiden. Was bringt dem Kind eine unentspannte Mutter, die sich selbst zum Stillen zwingt? Oder aber eine, die die Flasche gibt, weil sie keine richtige Unterstützung beim Stillen erhalten hat? Ich befürworte das Stillen SEHR und habe zwei Kinder gerne langzeitgestillt. Trotzdem – niemand soll müssen! Weder das eine oder das andere!
Genau. Niemand soll müssen. Entscheiden und dann durchziehen.
Von der anderen Seite her gesehen kann man aber auch nicht damit rechnen, dass immer alle eben so entschieden hätten. Egal wie man entscheidet: Es findet sich immer jemand, der das schlecht findet. Als erwachsene Menschen müssen wir lernen, damit zu leben. „Allen Menschen recht getan ist eine Kunst, die niemand kann“ sagt doch ein altes Sprichwort. Lernen wir also, auf die Meinung anderer zu pfeifen und konzentrieren uns auf die, die uns auf unserem Weg unterstützen. Die anderen kann man getrost ignorieren.
Wir leben in einer so „luxuriösen“ Situation, dass wir uns viele Probleme selbst erschaffen. Da wir ja sonst nichts zum rummoppern haben 😉 Das Thema „Stillen“ ist eines von ganz vielen. Aber ein ganz wichtiges.
Deshalb – DANKE, für deine Worte und Gedanken dazu. Auf das wir alle ein wenig relaxter mit uns und unseren Mitmüttern umgehen.
Ich güÃe dich!