«Geniesse jede Minute, sie werden so schnell gross»
Wie hat mich dieser Ausspruch genervt, als mein Baby neugeboren, krank und ständig am Weinen war: Atemprobleme, Stillprobleme, Refluxkrankheit und nach mehreren Atemstillständen, Spitalaufenthalten und einer Operation schwer traumatisiert. Ich auch schwer traumatisiert. Und – wusch! – schon ist er ein Teenager!
Ich habe die Babyzeit nicht genossen – und ich lasse mir auch kein schlechtes Gewissen dafür einreden. Es waren verdammt harte Wochen und Monate und ich musste weit über alles hinausgehen, was ich mir jemals zugetraut hätte, dass ich zu schaffen imstande wäre. Natürlich gab es kleine Highlights, Stolz, ganz viel Liebe – aber das Grundgefühl ist diese abgrundtiefe Erschöpfung und die Sorgen, ob mein Kind jemals ein normales Leben würde führen können oder ob gesundheitliche Schäden zurückbleiben würden.
Die Toddler- und Vorschulzeit war auch nicht immer eitel Sonnenschein. Zum Glück konnte ich für regelmässige Auszeiten sorgen: Einen Tag in der Woche bei meinen Eltern, einen Tag in der Kita, so dass ich diesen Blog und meine kleine, aber feine Firma aufbauen konnte. Wunderbare Momente, aber wiederum viele Sorgen, gesundheitlicher und psychischer Art, Depressionen und Ängste.
Der Schuleintritt, und damit neue Sorgen, und wiederum unzählige schlaflose Nächte. Mobbing, Therapien und Abklärungsmarathone. Ich mag gar nicht auf Details eingehen, aber an einem gewissen Punkt waren wir sogar gezwungen, den Bub von der Schule zu nehmen, weil es einfach nicht mehr ging.
«Kleine Kinder, kleine Sorgen, grosse Kinder, grosse Sorgen»
Was uns betrifft, ist das Gegenteil der Fall!
Schaut ihn Euch an, diesen hochgewachsenen, kerngesunden, blitzgescheiten und freundlichen Teenager!
Statt täglicher (und nächtlicher) Sorgen herrschen hier Zuversicht und Optimismus!
Es ist tatsächlich so, wie viele vor mir schon gesagt oder geschrieben haben: Die Tage ziehen sich dahin, aber die Jahre fliegen nur so vorbei!
Es wird besser!
Mein Kind wird langsam selbständiger und ich kann anfangen, es loszulassen. Die Rolle des überbehütenden Muttertiers, die ich nie wollte und die ich doch ausgefüllt habe, weil ich es musste. Weil es nötig war. Weil dieses Kind – mein Kind – jemanden brauchte, der es so lange trug und stützte, bis es alleine gehen konnte. Und dieser Jemand waren ich und sein Vater.
Wenn ich in diesen Jahren eines gelernt habe, dann das: Egal was man für Pläne hatte, egal was man sich selbst zutraut: wenn es Hart auf Hart kommt tut man was nötig ist, und man findet auch die Ressourcen, um es zu tun.
Werde ich nostalgisch, wenn der Kurze jetzt von einem Sprachaufenthalt im Ausland oder der Fahrprüfung spricht? Nicht die Bohne! Die letzten Jahre waren so intensiv, so wunderbar lehrreich, und trotz den Sorgen voller Freude, Liebe, Stolz und Zuversicht. Aber sie haben gesundheitlich und mental ihren Zoll gefordert.
Ich selbst und meine eigenen Bedürfnisse kamen dabei viel zu kurz. Es war nötig, sie öfter mal zurückzustellen aber jetzt bin ihr aufrichtig froh, dass diese Zeit vorbei ist und ich immer öfter wieder an mich selbst und meine Wünsche denken darf, ohne dass ich mir Sorgen machen muss, dass es meinem Kind deshalb nicht gut geht.
Also Ihr alle da draussen, die Eltern eines «Sorgenkindes» seid: Bleibt zuversichtlich! Es wird besser!
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Oh, wie gerne würde ich das mit dem „es wird leichter“ unterschreiben. Im Moment kann ich das nicht. Das liegt aber auch vielleicht daran, dass ich drei Kinder habe und jedes mal eine anstrengende Phase hat.
Aktuell herrscht bei uns groÃe Uneinigkeit daüber, wie viel Familienzeit ein Teenager ertragen muss, wieviel Freiheiten normal sind und wie viel Rücksicht nötig.
Dir alles Liebe, GüÃe
Suse
Oh, ich sage nicht, dass wir keinen Streit mehr hätten. Das Pubertätsgeplänkel gibt es hier natürlich auch, ich sage nur: Todessocken des Grauens! Aber damit kann ich gut umgehen. Viel besser als mit den ganzen Zukunftssorgen.
Es kann auch sein, dass ich morgen wieder herumjammere.