In diesem Artikel über Töpfchentraining, den ich ursprünglich für die Kasseler Lokalzeitung lokalo24 geschrieben habe, erkläre ich, wie man sein Kleinkind mit dem Töpfchen vertraut machen kann, sobald es so weit ist.
Inhaltsverzeichnis
Der friedliche Weg zur Sauberkeit
von Katharina Bleuer
„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“.
Das wissen wir!
Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem Eltern, die nicht „Windelfrei“ von Geburt an praktiziert haben, für eine Lebenszeit genug Hintern geputzt haben und nur noch eines wollen: Dass ihr Kind endlich selber aufs Klo geht. Am besten ohne es ständig daran erinnern zu müssen.
Die gute Nachricht lautet: Es wird kommen. Das Kind wird es lernen. Irgendwann. Manche früher, andere später.
Lesen Sie hier, wie Sie den Vorgang zwar nicht beschleunigen, Ihr Kind aber liebevoll und geduldig auf seinem Weg zur Sauberkeit begleiten können.
Der richtige Moment fürs Töpfchentraining
Zwischen etwa 2 und 3.5 Jahren entwickelt ein Kind die so genannte „Eigeninitiative“. Es nimmt nun Harn- und Stuhldrang bewusst wahr und lernt, beides zu kontrollieren. Früher mit dem Töpfchentraining zu beginnen, hat keinen Sinn. Ausser vielleicht, dass sich das Kind schon im Vorfeld an eine gewisse Regelmässigkeit beim Toilettengang gewöhnt. Es ist aber wahrscheinlicher, dass ihm die Sache verleidet, bevor es richtig damit begonnen hat weil es weder versteht, was von ihm erwartet wird, noch diesen Erwartungen gerecht werden kann.
Vorbereitung aufs Töpfchentraining: der korrekte Wortschatz
Etwas Vorarbeit können Sie als Eltern aber trotzdem schon jetzt leisten. Beispielsweise mit dem Kind über Ausscheidungen, das Töpfchen oder das Klo sprechen. Bezeichnen sie die Fäkalien mit einem Namen, mit dem sie für die nächsten 5 oder mehr Jahre leben können.
Benennen Sie während des Waschens die entsprechenden Organe und ihre Funktion („das ist der After, hier kommt Kacka raus“). Auch Wörter wie „nass“, „abwischen“, „waschen“ usw. werden in diesem Zusammenhang wichtig werden. Wenn das Kind bereits den benötigten Wortschatz kennt, bevor das Töpfchentraining ernsthaft beginnt, ist das sehr hilfreich.
Vormachen, nicht nur darüber reden
Bereits sehr früh kann man das Baby oder Kleinkind mitnehmen, wenn man den Windelinhalt ins Klo entsorgt. Erklären Sie ihm, was Sie tun und dass Ausscheidungen ins Klo gehören. Lassen Sie das Kind spülen.
Wenn es Ihnen nichts ausmacht, lassen Sie die Klotür geöffnet, wenn Sie selbst Ihr Geschäft verrichten. Erklären Sie dem neugierigen Kind, was Sie tun. Kommentieren Sie den gesamten Prozess (pinkeln, abwischen, spülen, Hände waschen).
Erklären Sie ihm, dass es bald selber lernen darf, Pipi und Kacka ins Klo/Töpfchen zu machen und nicht mehr in die Windel machen muss.
Lassen Sie Ihr Kind in seinem Tempo wachsen und sich entwickeln
Kaufen Sie ein Töpfchen oder einen Toilettenring (Werbelinks).
Stellen Sie es gemeinsam mit dem Kind im Badezimmer auf und erklären ihm, wozu es dient und wie es benutzt wird. Lassen Sie es sich selber – wenn es sich nicht traut, seine Puppe – darauf setzen.
Lesen Sie ihm Bilderbücher vor, die das Thema Toilettengang behandeln. Davon gibt es eine grosse Auswahl an pädagogischen Büchern, aber auch Lustige, wie beispielsweise die Klogeschichte „Müssen wir“ von Gergely Kiss und Anja Fröhlich.
Lassen Sie das Kind sich einfach so aufs Töpfchen setzen, ohne gleich ein Geschäft von ihm zu erwarten oder es dazu zu drängen.
Der richtige Moment
Sobald Ihr Kind anfängt, echtes Interesse zu zeigen und sie merken, dass es seine Schliessmuskeln zu kontrollieren anfängt – beispielsweise indem es den berühmten „Pipitanz“ aufführt – dann ist der Moment gekommen!
Damit Aussicht auf Erfolg besteht, müssen Sie selbst ebenfalls bereit sein, viel Zeit mit Ihrem Kind im Badezimmer zu verbringen. Erlauben es Ihre Lebensumstände im Moment nicht, diese Zeit und Geduld aufzubringen, warten Sie lieber noch ein paar Wochen, bis sich Ihr Leben beruhigt hat.
Beginnen Sie mit einer Töpfchenroutine: Setzen Sie das Kind gleich nach dem Aufstehen, nach jeder Mahlzeit, vor Autofahrten und vor dem zu Bett gehen aufs Töpfchen. Bleiben Sie bei ihm und verhelfen Sie ihm zu einem schönen, interessanten, intensiven oder lustigen Moment.
Erwarten Sie zu Beginn nicht zu viel. Es werden wahrscheinlich Monate vergehen, bis die Klogänge wie gewünscht klappen. Wenn das Kind nicht mitmacht oder Sie nicht die nötige Geduld aufbringen können – Sie beispielsweise merken, dass sie wütend werden – versuchen Sie es ein paar Wochen später wieder.
Ihr Kind muss sich erst entspannen lernen. Lesen Sie ihm vor, singen Sie mit ihm oder sprechen Sie über den Tag. Oder lassen Sie es auf dem iPad spielen oder Filmchen schauen. Was immer in Ihrer Familie am besten funktioniert.
Zurückhalten und loslassen
Ihr Kind muss nicht lernen, seine Ausscheidungen zu verhalten, wenn es keine Windeln trägt, sondern auch das bewusste Loslassen auf dem Töpfchen oder Klo. Das erfordert zu Beginn viel Geduld – aber lassen Sie es nicht länger als etwa 10 Minuten auf dem Töpfchen sitzen. Wenn nichts kommt versuchen Sie es lieber etwas später erneut.
Wenn Ihr Kind während des Spielens den „Pipitanz“ aufführt: Fragen Sie nicht, ob es gehen muss, sondern führen Sie es ins Badezimmer und helfen Sie ihm aufs Klo! Stellen Sie sich einen Wecker und fordern Sie das Kind alle zwei Stunden zum Toilettengang auf, bis es gelernt hat auf seine Körpersignale zu achten und entsprechend zu reagieren.
Auch Händewaschen gehört dazu
Das Händewaschen sollte unbedingt Teil der Routine werden. Stellen Sie dazu einen Schemel bereit und eine bunte, fein riechende Seife (die es vielleicht sogar selber auswählen durfte?). Waschen Sie die Hände mit dem Kind gemeinsam, singen Sie Händewaschliedchen, oder -verse, damit es sich die einzelnen Schritte gut merken kann.
Singen Sie Händewaschliedchen, oder -verse, damit es sich die einzelnen Schritte gut merken kann.
Haben Sie Geduld
Es werden wahrscheinlich Monate vergehen, bis alles wie gewünscht klappt!
Rechnen Sie mit „Unfällen“ – und reinigen sie kommentarlos weg. Vermitteln Sie dem Kind nicht das Gefühl, es müsse sich dafür schämen. Bestrafen Sie es nicht! Ermutigen Sie es viel lieber: Schon bald wird es gelernt haben, rechtzeitig sein Spiel zu unterbrechen und zu gehen.
Ein regelmässiger Tagesablauf ist hilfreich. Die meisten Kleinkinder urinieren im Schnitt zwischen 4 und 8 Mal pro Tag, d.h. etwa alle zwei Stunden und haben ein bis zweimal im Tag Stuhlgang . Beobachten Sie Ihr Kind, versuchen Sie seinen Rhythmus herauszufinden und setzen Sie es zu den Momenten aufs Töpfchen oder Klo, wenn die Chancen für ein Erfolgserlebnis besonders hoch sind.
Ziehen Sie ihm für die Nacht und Mittagsschläfchen eine Windel an. Die Nachttrockenheit wird sich später entwickeln und kann nicht trainiert werden. Für längere Autofahrten können Sie ihm je nachdem eine Windel anziehen oder den Autokindersitz mit einer wasserfesten Unterlage (z.B. Inkontinenzunterlage – Werbelink) schützen. Am Besten fragen Sie Ihr Kind, was ihm lieber ist!
Nutzen Sie jede Gelegenheit, anderswo die Waschräume zu besichtigen und, wenn Ihr Kind mitmacht, sie zu benutzen. So gewöhnt es sich daran, an verschiedenen Orten aufs Klo zu gehen.
Haben Sie Geduld! Es kann drei bis zwölf Monate dauern, bis Ihr Kind selbständig auf die Toilette gehen wird.
Sie sollten das Training unterbrechen, wenn Ihr Kind weinen muss, Trotzanfälle bekommt, nicht sitzen bleiben möchte, oder Sie selber Ihre Geduld verlieren. Lassen Sie ein paar Wochen verstreichen, bevor Sie es wieder versuchen.
Rückschläge können vorkommen
Beim Töpfchentraining sind Rückschläge normal. Vom Beginn des Trainings bis das Kind verlässlich trocken ist, können zwischen 3 und 12 Monaten vergehen. Je besser es vorbereitet ist und je mehr es selber bereit dazu ist, desto schneller wird das Kind Fortschritte machen können.
Auch bei Rückschlägen oder wenn Ihr Kind eher zu den Spätentwicklern gehört: Das Alter, in dem ein Kind trocken wird, hat absolut keinen Einfluss auf seine spätere Intelligenz, Talente, Erfolg oder Glücksfähigkeit! Sie können also ohne weiteres gelassen bleiben und dem Kind Zeit geben. Wenn Sie unsicher sind, sprechen sie mit seiner Kinderärztin oder seinem Kinderarzt.
Vertrauen Sie deshalb Ihrem Kind: Wenn es keine gesundheitlichen Gründe gibt, die dagegen sprechen, wird es trocken werden!
Seien Sie geduldig und unterstützen Sie es, aber setzen Sie keinen Druck auf. Stellen Sie keine für den Moment unerfüllbaren Forderungen. So wird die Zeit auf der Toilette zu einer entspannten Erfahrung für Sie und für Ihr Kind und bald können Sie sich gemeinsam darüber freuen, dass es auch diesen Meilenstein gemeistert hat.
Ich habe bei meiner Kleinen ja partiell windelfrei gemacht bis sie zu streiken begann. Ich hab’s dann ruhen lassen aber nach einem Vortrag von Susanne Hahn (https://www.ohnewindel.at/), die sagte sie sei der Ãberzeugung, dass ein Kind, das laufen kann auch seine Blase etc. kontrollieren kann, liess mich der Gedanke nicht mehr los. Mit 20 Monaten begann meine Tochter (2 Monate nach dem Umstieg auf Stoffies) trocken zu werden und keine 2 Monate später war sie es komplett – Tag und Nacht. Hätte ich ihr aber nicht immer wieder die Windeln abgenommen, würde sie wahrscheinlich heute noch welche tragen. Deshalb sage ich Mamis, die interessiert sind, sie sollen es einfach mal eine Weile ohne Windeln versuchen. Wenn das Kind bereit ist, merkt man das schnell… und sonst hat man einfach eine Weile lang die Waschmaschine etwas voller gehabt 😉
Das Körpergefühl von Stoffwindelkindern ist nur bedingt vergleichbar mit dem Körpergefühl von „Pamperskindern“. Bei zweiteren lohnt sich die langsame Vorgehensweise mit der mentalen Vorbereitung, damit sie nicht über ihre Ausscheidungen erschrecken und u.U. danach den Kot verhalten. Denn das könnte in einen Teufelskreis führen, der nur schwer zu durchbrechen ist.