Es gäbe so viel zu tun. Täglich neue Schreckensmeldungen, Wirtschaftskrise, ein drohender Atomkrieg, eine unkontrollierbare Seuche, die Krise der Demokratie, die sich durch den Aufstieg nationalistischer und autokratischer Parteien auszeichnet, führen bei mir zu einer Politikmüdigkeit, die ich so von mir nicht kenne.
Ich bin müde
Schon wieder eine Petition, schon wieder eine Abstimmung, immer dieselben Argumente von denselben Leuten, und man weiss selten, ob man es jetzt mit einem russischen Troll oder einer echten Person zu tun hat. Bei Zweiteren lohnt es sich, auf ihre Aussagen einzugehen, diese zu korrigieren oder etwas zu erklären. Bei Ersteren nicht, die binden nur Kräfte, die man anderswo besser investieren könnte.
Unterdessen bin ich so müde, dass nicht mal die Natur mir mehr Kraft zurückgeben kann, weil ich es nicht mehr weiter als bis ans Küchenfenster schaffe, von wo aus ich den Wald betrachte und denke, ich sollte jetzt dorthin. Aber noch während ich das denke, weiss ich, dass ich es nicht tun werde.
Stattdessen setze ich mich an den Computer, weil ich arbeiten sollte. Manchmal tue ich das auch und manchmal bleibt es beim sollte, während mein Gehirn in 100 verschiedene Richtungen denkt, Dinge anfängt und nicht zu Ende bringt.
Die Situation ist unbefriedigend
Aber ich sehe zurzeit keine Veränderung, keinen Weg da raus. Man kann nichts planen, nichts voraussehen, nur immer wieder reagieren.
Im Moment leben ist ja gut und recht, aber der Mensch ist auch dafür gemacht, vorwärtszustreben, die Dinge anzupacken und zu verbessern. Mir scheint, niemand habe mehr eine Vision, wie die Welt aussehen sollte – wir alle sind damit beschäftigt, Notfälle zu verwalten, Schlimmeres zu vermeiden und gegen die Hoffnungslosigkeit anzukämpfen.
Wir wissen, wogegen wir sind: Die Klimaerwärmung, den Aufstieg des neuen Faschismus, Krieg, Rechtsextreme im eigenen Land, soziale Ungleichheit, schmarotzende Milliardäre. Wir kämpfen gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen Faschismus. Seit Jahren kämpfen wir dagegen. Immer nur dagegen.
Ich würde aber gerne wieder mal Pläne schmieden, in Visionen schwelgen, gemeinsam mit anderen eine bessere Welt ausdenken, FÜR etwas kämpfen, statt das Schiff namens «Menschheit» vor dem Untergang zu bewahren.
Wollen wir zusammen träumen?
Wenn ich Königin der Welt wäre, würde ich dafür sorgen, dass es allen Menschen auf der Erde gut geht.
Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das anstellen soll…
Wie stellt Ihr Euch eine bessere Welt für unsere Kinder vor und wie kommen wir dorthin?
Ich verstehe dich so gut. Ich ertappe mich immer wieder bei Idealvorstellungen, Träumen, Wünschen, Utopien. Höre, das sei unsinnig, naiv, ich sei ein Philosoph (eher belächelnd gemeint). Und ja, ich bin selbst müde. Und manchmal (und immer öfter) frage ich mich: Wozu das Ganze? Ich könnte einfach mein Leben leben, alles ignorieren, das ginge eigentlich einigermassen gut. Aber ich kann dann doch nicht. Einfach schweigen, einfach wegschauen. Bringt es das?
Ob hinschauen was bringt, weiss ich nicht mehr, ich versuche es weiter. Irgendwie. Und nehme die Sinnkrisen hin. So lange ich kann.
Alles Liebe dir! Lass uns träumen. Vielleicht, wenn viele genug miteinander träumen, vielleicht…