Almut Schnerring und Sascha Verlan („Die Rosa-Hellblau-Falle“ – Werbelink) hat vor ein paar Wochen ein Blogstöckchen zum Hashtag #WasAndersWäre in den Raum geworfen, das mir einiges zu Denken gegeben hat, Die Frage lautet: Was wäre anders, wenn Du vom anderen Geschlecht wärst?

Ich habe bisher äusserst interessiert mitgelesen und nun hat Mama on the Rocks das Stöckchen an mich weitergegeben (ihr Beitrag „Ich will kein Mann sein“ enthält übrigens ganz viel typischen Mädchenkram 😉 )

Was wäre anders in deinem Leben, in deinem Alltag, wenn du ein Mann wärst?

Niemand würde mich schief anschauen, wenn mein Haushalt so aussehen täte, wie er es eben tut. Im Gegenteil: Ich bekäme noch Komplimente dafür, wie ich Kind und Arbeit unter einen Hut bringe und ganz viel Verständnis, dass für manches einfach keine Zeit mehr übrig bleibt, wenn man selbständig (fast) Vollzeit arbeitet und daneben ein Kind (fast) Vollzeit betreut. Niemand würde Bemerkungen darüber machen, dass ich mich weder an Mamataxi-Aktionen noch an Kuchenback- und Deko-„Wettbewerben“ beteilige, sondern lieber mit dem Kurzen ins Schwimmbad verdufte, wenn mal eine halbe Stunde Zeit übrig bleibt.

Ich glaube, vieles wäre als Kind einfacher für mich gewesen, wenn ich ein Junge gewesen wäre. Denn dann wäre ich einfach „ein richtiger Junge“ gewesen – und nicht ein „halber Junge“ bzw. „kein richtiges Mädchen“. Ich hätte mir auch nie anhören müssen, dass sich dieses oder jenes für mich nicht gehört oder dass ich nie Bundesrat oder Astronaut werden könne, weil Mädchen andere Berufe ergreifen. Und man hätte mir nicht ständig geraten, auf Lehramt zu studieren, damit ich immer noch unterrichten könnte wenn meine hochfliegenden Pläne nicht funktionierten.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin nicht trans, habe mich nie im falschen Körper gefühlt. Ich fand es einfach doof, als Mädchen Dinge tun zu müssen, die mich nicht interessierten. Papa-Mama-Kind spielen statt Eisenbahn, solche Dinge halt. Meine mathematische Begabung und räumliches Vorstellungsvermögen (um nur zwei Punkte zu nennen) war im besten Fall exotisch, aber vielen eher suspekt.

Vielleicht wäre mir das Arbeiten als Angestellte in einem techniklastigen Umfeld weniger schwer gefallen und ich hätte mich nie selbständig gemacht. Dabei war es nicht die Arbeit an sich, die mich fertig machte, sondern das ständige die Ellbogen rausstellen müssen, ständig kämpfen dass einem das Wort nicht abgeschnitten wird, ständig Anmachereien und Angriffe auf unterster Ebene abwehren müssen. Das meiste davon war lächerlich, keinen Gedanken wert, aber mit den Jahres kostet es enorm viel Energie und zermürbt einem.

Was tust du nur deshalb, weil du eine Frau bist?

Im Schwimmbad den Bauch einziehen. Und die Beine epilieren, bevor ich dorthin gehe. Wäre ich ein Mann, würde ich Badebermudas tragen und die Haare an meinen Beinen wären einfach Haare und kein politisches Statement.

Und wahrscheinlich bin ich nur deshalb eine Emanze geworden, weil ich eine Frau bin. Als Mann wäre ich mit meinem Charakter und meinen Interessen wohl weniger angeeckt und wäre mir deshalb auch nicht klar geworden, wie oft man dafür kritisiert – oder besonders gelobt – wird, wenn man sich für sein Geschlecht nicht „richtig“ verhält. Denn dieses „oh, bravo, du bist so gar kein typisches Mädchen, das finde ich ganz toll“ ist ja im Grunde auch eine Abwertung des Weiblichen und somit auch wieder von mir als Frau, auch wenn ich mich nicht „typisch“ verhalte.

Was tust du nicht / welche Dinge lässt du lieber, weil du eine Frau bist?

Schwer zu sagen. Beispielsweise hat mein Geschlecht meine Studienwahl beeinflusst, bzw. die Tatsache, dass ich als Forstingenieurin die einzige oder eine von nur sehr wenigen Frauen gewesen wäre (übrigens: wie begeistert man Mädchen NICHT für Ingenieurswissenschaften). Zu meinen wilden Zeiten habe ich einige Dinge gerade extra nur deshalb gemacht, weil sich das für Frauen nicht gehörte, einfach um zu beweisen, dass ich es kann (und dass ich kein „typisches Mädchen“ war).

Durch welches Klischee fühlst du dich persönlich beeinträchtigt?

Das könnte ich jetzt so konkret gar nicht sagen. Ich glaube, die Frage ist falsch gestellt. Denn nicht die Klischees beeinträchtigen einem, sondern Leute, die die Klischees anschauen und sich nach ihnen richten, statt sich für den Menschen dahinter zu interessieren.

Ich hatte mal einen Freund (nicht für lange 😉 ), der schenkte mir beispielsweise zahlreiche Dinge, von denen er dachte, dass sie mir als Frau gefallen könnten – er hat mir nie, kein einziges Mal, die Frage gestellt, was mir als Mensch gefiele.

Ich würde halt gerne als Individuum, als Ich, wahrgenommen werden, statt „als Frau“. Denn mein körperliches Geschlecht ist ja nur eine einzelne Facette meiner Persönlichkeit, da gibt es noch ganz viele andere.

Erzähle von einer Situation, in der du bemerkt hast, dass es von Vorteil ist, zur Gruppe der Frauen/Männer zu gehören

Eigentlich wurde mir erst als ich ins Arbeitsleben eintrat bewusst, wie toll es sein kann, in einer reinen Frauengruppe aufgehoben zu sein. Ich bin nicht sicher, ob man als Mann diese Power, diese Solidarität erleben kann, die einem in einer funktionierenden Arbeitsgruppe von Frauen entgegenschlägt und einem trägt.

Meine lieben Frauenseilschaften – online und offline – möchte ich nicht mehr missen müssen!

Gibt es Situationen, in denen das Geschlecht keine Rolle spielt?

Die müsste es eigentlich öfter mal geben, denn streng genommen ist das Geschlecht ja nur dann relevant, wenn man mit jemandem ins Bett möchte. Aber sonst? Jede andere Tätigkeit kann von Angehörigen des einen oder anderen Geschlechts ausgeführt werden – und trotzdem wird diese Sache immer und überall hochgespielt. Es gibt ja sogar schon Schnitzel im Supermarkt, die „für Frauen“ oder „für Männer“ angeschrieben und anders gewürzt sind. Ich weiss echt nicht, wie weit sich dieser Unfug noch ausbreiten soll.

Fazit

Ihr seht, es gibt bei mir so einiges, #WasAndersWäre – und trotzdem bin ich heute gerne Frau und Mutter.

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