Zuerst die gute Nachricht: Es wird besser!
Neuerdings kann Kurzer sogar mit Drei- und Vierjährigen spielen oder versucht es wenigstens, ohne gleich auf Konfrontation zu gehen. Die Trotzanfälle sind zwar nicht weniger, aber wenigstens kürzer geworden.
Wenn er wieder mal im Roten dreht, versuche ich mir vor Augen zu halten, was in dem einen Jahr zwischen Zwei und Drei so alles geschieht in der kindlichen Entwicklung: Zwei grosse Punkte stehen da auf der Tagesordnung, die Entstehung des „Ich“ und die Aneignung und Perfektionierung der Muttersprache. Beides sind, von Nahem betrachtet, irrsinnige Leistungen des Gehirns!
Allein das Herausfinden, was dieses kleine Persönlein alles kann – und alles nicht kann – führt zu Entdeckungen und Frustrationen im Minutentakt. Gleichzeitig mit der Entdeckung, wie riesengross die Welt in Wahrheit ist, wächst die Erkenntnis, wie winzig klein dieses erwachende „Ich“ darin ist. Das verunsichert. Das treibt den kleinen Trotzkopf oft zurück in Mamas Arme oder führt dazu, dass er tagelang an ihrem Bein hängt und jammert. So schrecklich unheimlich kann die Welt auch sein.
Dann in der Sprache, die das Kind lernen muss. Für mich war es eine riesige Anstrengung, halbwegs passabel Französisch und Englisch zu lernen – und ich hatte dazu Bücher, Regeln, Grammatik und Wörterbücher, geduldige Lehrer, also alles, um mir diese Aufgabe zu erleichtern. Ein Kleinkind hat nichts von alledem. Intuitiv muss es die Muster der Sprache, ihren Rhythmus, ihre Regeln erspüren und lernen, sie richtig einzusetzen, versuchen, sich irren. Gleichzeitig auch die Bewegungsabläufe im Mund und die für das Sprechen nötigen Muskeln trainieren.
Hinzu kommt die Frustration, etwas sagen zu wollen, aber es nicht ausdrücken zu können oder nicht verstanden zu werden.
Ich kriege schon beim daran Denken Kopfschmerzen!
Hach, es ist so schwer, zwei oder drei zu sein!
Das muss ich mir ab und zu wieder in Erinnerung rufen, wenn ich Kurzen am liebsten aus dem Fenster werfen oder ihn auf Ebay versteigern möchte, selber müde bin und das Getrotze und Genöle kaum mehr aushalte. Dann denke ich wieder: Für ihn muss es noch schlimmer sein! Und das hilft mir dann, den letzten Rest Geduld und Gelassenheit zusammenzukratzen, um den Tag hinter mich zu bringen. Irgendwann ist Abend, irgendwann schläft der Kleine und ich kann etwas für mein eigenes Seelenheil unternehmen.
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