Im zweiten Teil meiner Miniserie über bedürfnisorientierte Erziehung unter Beachtung des Perspönlichkeitstyps geht es um extrovertierte Kinder. Wie erkennt man ein extrovertiertes Kind und wie kann man ihm helfen, sich wohl und angenommen zu fühlen, und seine Bedürfnisse nach menschlicher Gesellschaft zu erfüllen? (dieser Artikel entstand 2014 für das kasseler Online-Magazin lokalo24.de)
Extrovertierte Kinder brauchen andere Menschen
von Katharina Bleuer
Menschen sind verschieden und die meisten vereinen introvertierte und extrovertierte Eigenschaften in sich. Sie haben aber eindeutige Vorlieben und eine klare Tendenz ist ersichtlich. Ein extrovertiertes Kind kann man deshalb an folgenden Eigenschaften erkennen:
- es geht von sich aus auf andere Menschen zu
- es lebt auf, wenn es von vielen Menschen umgeben ist und möchte am liebsten immer in Gesellschaft sein
- es erzählt von sich aus über seine Erfahrungen, Gefühle und Ideen
- es muss sich immer gleich jetzt und sofort mitteilen und erscheint deshalb oft ungeduldig
- es kann besser nachdenken, während es sich mit jemandem austauscht oder beim Denken spricht
- es spricht lieber als zuzuhören und unterbricht sein Gegenüber häufig
- es beschäftigt sich nicht gerne alleine
- wenn es jemanden alleine dasitzen sieht, geht es automatisch davon aus, dass die Person sich einsam fühlt und versucht sie durch seine Gesellschaft aufzumuntern
- es benötigt ununterbrochen Feedback und Aufmerksamkeit durch andere Personen
Herrscht zu viel Ruhe oder findet ein extrovertiertes Kind keinen zum Reden, wird es schnell nervös. Die beste Quelle für sein Wohlbefinden sind andere Menschen.
Gemeinschaftsaktivitäten
Extrovertierte Menschen sammeln ihre Energie ausserhalb ihres Ichs. Sie brauchen dazu den Austausch mit anderen Menschen. Ein extrovertiertes Kind wird müde und quengelig, wenn es alleine spielen muss. Am wohlsten ist ihm mit anderen Menschen – möglichst vielen verschiedenen Menschen.
Als Eltern ist es fast unmöglich, dieses Bedürfnis im Alleingang zu stillen. Wenn Ihr Kind anfängt zu nörgeln, schlagen Sie ihm deshalb vor, Freunde einzuladen oder wenigstens jemanden anzurufen. Melden Sie es je nach Interessenlage bei den Pfadfindern, einer Jugendgruppe, Sportverein, oder welche Aktivität auch immer es interessiert, an. Aktivitäten, die in Gruppen stattfinden, sind für extrovertierte Kinder am attraktivsten. In der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten können sie richtig aufblühen.
Manchmal muss auch ein extrovertiertes Kind etwas alleine tun muss – beispielsweise Hausaufgaben erledigen oder für eine Klausur lernen. Bleiben Sie in seiner Nähe: Es wird von Zeit zu Zeit nach Ihnen rufen und sich kurz rückversichern. So kann es konzentrierter und aufmerksamer lernen, als wenn es ganz alleine wäre.
Feedback
Feedback – also die Reaktion Anderer auf sein Handeln – für alle Menschen wichtig. Für Extrovertierte ist es jedoch ein Grundbedürfnis. Ein paar ermutigende Worte und Ihr Kind kann wieder durchstarten!
Ein Feedback muss kein Lob sein. Die einfache Bestätigung „ich habe Dich gesehen“ reicht schon aus. So kann sich ein extrovertiertes Kind geliebt und angenommen fühlen.
Sind Sie als Mutter oder Vater introvertiert und ihr Kind extrovertiert, kann dieses Bedürfnis für Sie sehr kräfteraubend sein. Bringen Sie in diesem Fall Ihrem Kind bei, sich Feedback bei verschiedenen Personen zu holen, damit es nicht ihre eigenen Energiereserven „aussaugt“.
Resonanzboden und Mitdenken
Um gute intellektuelle Leistungen zu erbringen, benötigen die meisten extrovertierten Menschen ein Gegenüber, das ihre laut geäusserten Gedankengänge reflektiert. Oder wenigstens jemand, der aufmerksam zuhört. Wenn Ihr Kind also ständig hinter Ihnen verläuft und auf sie einredet, ist es wahrscheinlich am Nachdenken! Dazu teilt es 1:1 ungefiltert seine Sorgen, Gedanken und Ideen mit seiner sozialen Umwelt.
Für andere Personen kann das verwirrend sein. Es scheint, als würde das Kind innerhalb ein und desselben Gesprächs mehrmals seine Meinung ändern. Um Missverständnisse und Enttäuschungen zu vermeiden, bringen Sie ihm unbedingt bei, seinem Gegenüber zu erklären, dass es nur laut nachdenkt und noch keine Entscheidung getroffen hat.
Das starke Mitteilungsbedürfnis extrovertierter Kinder ist einer Hauptgründe für Probleme in der Schule. Sie Kinder sprechen, bevor sie an der Reihe sind oder unterbrechen die Lehrperson mit ihren Fragen.
Wenn Sie die Wahl haben, lassen Sie Ihr Kind an eine Schule gehen, die das Arbeiten in Kleingruppen dem Frontalunterricht vorzieht. Es wird sich dort wohler fühlen. Trotzdem wird es natürlich lernen müssen, mit Antworten und Fragen zu warten, bis es an der Reihe ist und aufgerufen wird.
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