Seit ich angefangen habe, auf meinem Blog Bücher zu besprochen, lese ich kaum mehr alte Bücher wieder sondern stürze mich auf alle Neuerscheinungen, welche die Verlage so zu bieten haben. Man mag ja auch kaum nach mit Lesen und manchmal fühle ich mich richtiggehend gestresst, wenn ich meine Stapel (Mehrzahl!) ungelesener Bücher auf dem Arbeitstisch, dem Nachttischchen und dem Stubentisch betrachte.

Früher war das ganz anders.

Als Kind und Jugendliche hatte ich Bibliotheksausweise bei mehreren Bibiliotheken, weil man bei den meisten nur etwa 5 Bücher gleichzeitig ausleihen konnte. Also lieh ich Bücher in der Stadtbibliothek, in der Bibliothek des Gymnasiums und in der Bibliothek des Nachbardorfs. Was mir nicht gefiel, las ich nur einmal – aber immer zu Ende, niemals wäre es mir in den Sinn gekommen, ein Buch nur halb gelesen zur Seite zu legen! – und was mir gefielt, holte ich mir je nachdem einmal im Jahr oder noch öfter. Mein Rekord vom mehrmals lesen sind bisher «Stein und Flöte» von Hans Bemmann, «Der Medicus» von Noah Gordon und «Die Nebel von Avalon» von Marion Zimmer Bradley. Diese drei hatte ich dabei, als ich ein halbes Jahr als Au-Pair in der Französischen Pampa versauerte und ich las sie gefühlt in Endlosschlaufe.

Als ich mit 20 vom Gürbetal nach Neuenburg zog, um an der hiesigen Uni zu studieren, hatte ich ein Bibliotheksproblem. Natürlich gibt es hier auch Bibliotheken, nur beschränkt sich ihr deutschsprachiges Regal auf die Literatur, die man im Deutschunterricht lesen muss (Hesse, Frisch und Dürrenmatt, anyone?) und darauf war ich Anfang-Mitte Zwanzig nicht scharf. Ich wollte «Schund», sprich: Fantasy und Science Fiction! Zum Glück arbeitete ich in Bern, so dass ich jeweils auf dem Heimweg im Stauffacher meinen Lohn gescheit investieren konnte, noch bevor er auf dem Konto war. Ende der 1990er Jahre hatte ich dann endlich Internet und musste nicht mehr extra nach Bern fahren, um meine Büchersucht befriedigen zu können. Bei einer Seite namens buch.ch (die URL redirectet heute auf Orell Fuessli) liess ich in diesen Jahren unübertrieben mehrere tausend Franken liegen.

Weil Bücher kaufen ein relativ teures Hobby war (auch medimops gab es damals noch nicht), las ich die Bücher, die ich hatte, immer wieder. Oft stand ich mitten in der Nacht vor dem doppelt und dreifach belegten Eckgestell im Gästezimmer und strich mit dem Blick über die Buchrücken, um herauszufinden, welche davon ich Lust hatte, wieder zu lesen. Oder ich wusste genau, welches Buch ich suchte, konnte mich aber nicht erinnern, wo ich es hingestellt hatte.

Manche Fantasy- oder SF-Zyklen sind in diesen Jahren zu guten Freunden geworden: «Outlander», die «Nebel von Avalon»-Reihe, die «Drachenreiter von Pern», der «Darkover»-Zyklus, «Die lebenden Raumschiffe», und und und habe ich wieder und wieder gelesen. Das grösste Vergnügen war jeweils, wenn in einer Reihe ein weiterer Band dazukam: Das war für mich die Gelegenheit, zuerst Band 1 bis zum Neusten Band wiederzulesen und mir diesen dann wie ein süsses Dessert zum Schluss aufzusparen. Leider sind sowohl Anne McCaffrey als auch Marion Zimmer Bradley in der Zwischenzeit gestorben, so dass ihre wunderbaren Zyklen geeendet haben und sich ihre Welten nicht mehr weiterentwickeln. Aber Diana Gabaldon lebt noch, und bei der «Outlander»-Reihe halte ich es immer noch so, dass ich bei jeder Neuerscheinung die Reihe von vorne beginne – ich kenne sie unterdessen so gut, dass ich langweilige Stellen oder solche, die ich nicht mag, einfach überspringe und von einer Lieblingsstelle zur Nächsten hüpfe.

Von gewissen Lieblingsbüchern habe ich mir in der Zwischenzeit die Hardcover-Version gekauft, weil sie schöner in der Hand liegt, besser riecht als das Taschenbuch und im Bücherregal etwas hergibt. Nur lese ich dann natürlich immer noch das zerfledderte Taschenbuch, damit ich die schöne Ausgabe nicht aus Versehen beschmutze.

Vor etwa 10 oder 12 Jahren habe ich angefangen, statt Taschenbücher E-Books zu kaufen. Auf dem Kindle (Werbelink Amazon) oder Tolino (Werbelink Orell Füssli) kann man fast unendlich viele Bücher mit sich tragen, was insbesondere im Urlaub sehr praktisch ist, und man braucht auch nicht mehr alljährlich ein neues Büchergestell zu montieren. Wobei letzteres reine Theorie ist, weil ich mir ja Bücher, die ich mag und mehrmals lesen möchte, immer noch «richtig» kaufe, weil ich sie «haben» will und nicht nur als Datei auf einem Gerät. Und andere, weil sie Teil einer Serie sind, von der ich die ersten Exemplare schon als Hardcover besitze. Oder weil ein schönes Boxset herausgekommen ist. Oder weil alle Bücher einer Autorin oder eines Autors aus demselben Verlag ein schönes, einheitliches Layout haben, das sich im Regal gut macht…

Es gibt tausend gute Gründe, neue Bücher zu kaufen! Es gibt aber auch tausend gute Gründe, die Bücher, die man schon hat, erneut zu lesen: Manche Geschichten verändern sich mit der Zeit, so wie wir uns verändern. Manche haben in jedem Lebensalter eine neue Botschaft für uns. Wieder andere vermitteln uns Geborgenheit, Sicherheit und die Gewissheit, dass es am Ende gut wird.

Nun denn, dieser Artikel ist etwas konfus geworden. Das liegt daran, dass ich eigentlich gerade am letzten Band des Klima-Quartetts von Maja Lunde bin («Der Traum von einem Baum») und auch bei dieser Reihe mir selbst treu geblieben bin und bei Band 1 («Die Geschichte der Bienen») angefangen habe, bevor ich den letzten Band in Angriff nahm. Jetzt bin ich deprimiert, stecke im «Traum von einem Baum» fest und brauchte zwischen dem erdrückenden Thema der Klimaerwärmung und des Kollapses der europäischen Zivilisation etwas, das meine Laune aufbesserte. Deshalb stand ich vor ein paar Tagen wie früher vor meinem überfüllten, dreifach belegten Büchergestell mit der Lust auf etwas Leichtes. Nun habe ich das Luxusproblem, dass ich lieber all meine alten Freunde in ihren fantastischen Welten wiedertreffen möchte, statt dass ich Besprechungen für die hrmmpfzig Bücher abliefere, die ich den verschiedenen Verlagen noch schulde.

Vielleicht packt es mich ja und ich schreibe in den nächsten Wochen etwas über die alten SF-Zyklen und andere Klassiker. Oder auch nicht, mal sehen.

Weil ich aber eine neugierige Person bin, habe ich auf Twitter eine kleine Umfrage gestartet: Wie ist es bei Euch? Seid Ihr im Team «Jedes Buch nur einmal lesen» oder Team «Manche Bücher immer wieder lesen»? Die Antworten haben mich überrascht, ich scheine bei weitem nicht die Einzige zu sein, die diese Angewohnheit hat:

Hier eine Liste der Bücher, die andere Menschen gerne wieder lesen. Darunter sind zeitlose Klassiker, Kindheitserinnerungen, Sachbücher, sowohl ernsthafte Literatur als auch reine Unterhaltung. Vielleicht ist die eine oder andere Anregung für ein gutes Buch für Euch dabei?

  • Patrick Süskind: Das Parfüm
  • G.D. Roberts: Shantaram
  • alles von Karl May
  • Karl-Heinz Birchner: Abenteuer mit Archimedes (Jugendsachbuch)
  • C.S. Forester: Horatio Hornblower (11 Bände)
  • Ute Erhardt: Gute Mädchen kommen in den Himmel, Böse überall hin
  • C.-F. Ramuz: Aline
  • alles von Albert Camus
  • alle Kinderbücher von Erich Kästner
  • alle Bücher für Erwachsene von Erich Kästner
  • Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit
  • alles von Diana Gabaldon
  • alles von J. K. Rowling
  • die Sachbücher von Andrea Dworkin
  • Joe Heap: Die Welt in allen Farben
  • Mascha Kaléko (Gedichte)
  • Hilde Domin (Gedichte)
  • Rainer-Maria Rilke
  • Kathryn Stockett: Gute Geister
  • Dagmar Trodler
  • Suzanne Frank
  • Uwe Johnson: Jahrestage – Aus dem Leben von Gesine Cresspahl
  • Simone de Beauvoir: „Memoiren einer Tochter aus gutem Hause“ und „Alles in Allem“
  • Christa Wolf: Nachdenken über Christa T.
  • Ljudmila Ulitzkaja: Medea und ihre Kinder
  • John Irving: „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ und „Die wilde Geschichte vom Wassertrinker“
  • George Orwell: 1984 und Die Farm der Tiere
  • Douglas Adams: die Anhalter-Reihe
  • Douglas Adams: die letzten ihrer Art
  • Nathalie Schmid: Lass es gut sein
  • Nick Hornby: High Fidelity
  • Connie Palmen: I.M.
  • Astrid Lindgren: Ronja Räubertochter
  • alles von Jane Austen
  • Amy Tan: Töchter des Himmels und Die Frau des Feuergottes
  • Ed Yong: Winzige Gefährten
  • Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel
  • J.R. Tolkien: Herr der Ringe
  • Jerome K. Jerome: Drei Männer in einem Boot. Ganz zu schweigen vom Hund!
  • David Engels: Was tun?
  • Philip Pullman: His dark materials
  • alles von Terry Pratchett
  • Françoise Sagan: Bonjour Tristesse
  • Larry Elder: Dear Father, dear son

Oje, so wird mein Stapel ungelesener Bücher (SUB) natürlich niemals kleiner!

Und Du? Wie sind Deine Lesegewohnheiten? Magst Du manche Bücher mehrmals lesen oder eher nicht? Welche Deiner Lieblingsbücher fehlen auf der Liste? Schreib mir doch Deine persönlichen Buchempfehlungen in die Kommentare!

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Bücherliebe! Weshalb ich manche Bücher mehrmals lese
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